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Moderne Anwendung von Eichenholz in der Weinbereitung

Dr. Oliver Schmidt
Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein und Obstbau Weinsberg


Holzfässer im Wandel der Zeit

Holzfässer werden seit etwa zweitausend Jahren in der Weinbereitung verwendet. Sie lösten einst die Amphoren ab, die relativ schwer und sehr zerbrechlich waren. Die Zeit der Amphoren war schlicht und einfach zu Ende gegangen, weil eine bessere technische Lösung Vorteile zu bieten hatte (ROBINSON J, 1999). Im Lauf der Jahrhunderte wurde zunehmend Eiche das Baumaterial schlechthin für Lagerfässer. Sehr viele unserer heutigen Weinstile sind durch massiven Einsatz von neuen Holzfässern - vor allem Barriques - stark geprägt. Hochwertige Weiß- und vor allem Rotweine wären ohne den Barrique-Ausbau weit weniger attraktiv.
Auch in Deutschland wurden bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts die Mehrheit aller Weine in Holzfässern ausgebaut. Hierbei wurden allerdings alle Holzfässer gründlich von jeglichem Holzgeschmack durch Süßbrühen und entsprechende Vorbehandlung "weingrün" gemacht. Gleichermaßen wurde auch die Empfehlung ausgesprochen, dass man in neuen Fässern zunächst einen geringwertigen Wein ausbauen sollte, bis das Fass ausgelaugt ist. Es wurde weitgehend ein Neutralausbau vorgenommen, der möglichst keine vordringliche Holzaromen aufwies.
Im Sinne dieser Philosophie ist es sehr logisch, dass in Deutschland der Anteil der Lagerkapazität mit Holzfässern seit Mitte des letzten Jahrhunderts permanent abgenommen hat. In manchen Weingütern und Kellereien sucht man heute vergebens nach Holzfässern, obwohl seit einigen Jahren, nicht zuletzt durch den Rotweinboom ausgelöst, Holzfässer wieder in Mode kommen.

Technische Vorteile von Tanks sind mannigfaltig

Der Ersatz der Holzfässer durch moderne Tanks aus zum Beispiel Edelstahl erfolgte vor allem aus arbeitswirtschaftlichen Gründen. Im Unterschied zum Holzfass haben Tanks folgende Vorteile:

Behältergröße und Form extrem variabel

Inertes Material (reaktionsneutral)

Kaum Verschleiß und Abnutzung

Keine aufwendige Konservierung notwendig

Reinigung und Weinsteinentfernung problemlos

Größere Hygiene (Sterilisation einfach und sicher)

Kein Schwund und ständiges Beifüllen

Kühlbar

Die Liste ist sicherlich unvollständig, macht aber deutlich, dass der Weinausbau im Holzfass eine ganze Reihe von Arbeitsschritten mit sich bringt, die beim Tankausbau wegfallen.

Wie viel Holz möchte der Konsument?

Als vor circa 25 Jahren die ersten Erzeuger in Deutschland den Barrique-Ausbau nach internationalem Muster in Deutschland einführten, gab es nicht wenige Kritiker. Es wurde vom Eichenlohe-Geschmack und von Holzweinen gesprochen. Diese Kritik kam und kommt mehrheitlich aus eigenen Kreisen. Viele Kellermeister konnten sich lange nicht vorstellen, Holzgeschmack und Wein zu vermählen. Stellvertretend soll hierzu ein Zitat von Gerhard Troost aufgeführt werden. Er hatte 1987 in Geisenheim für die Studenten einen umfassenden Vortrag über seine Erfahrungen in 50 Jahren Kellerwirtschaft gehalten. Nach seiner Meinung zum Thema Barrique befragt, antwortete er, dass er 50 Jahre seines Leben darum gekämpft habe, endlich den Fassgeschmack aus dem Wein zu bekommen, und jetzt kommen die Leute daher und machen ihre Fässer nicht mehr "weingrün".

Seit dieser Zeit hat sich viel verändert. Barrique-Weine haben sich mittlerweile in Deutschland fest etabliert.

Barrique-Weine sind Flaggschiffe

Betrachtet man heute die Sortimente von Weingütern, findet man Barrique-Weine in der Regel als die Spitzenprodukte neben Eisweinen, Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen. Sie verkörpern eine ganz besondere Qualitätsphilosophie, die im Weinbau mit moderatem Anschnitt, aufwendiger Laubarbeit, geringen Erträgen und zum Teil gestaffelter Lese begonnen wird. Entsprechend hoher Aufwand wird in der Kellerwirtschaft mit dem kosten- und arbeitsintensiven Ausbau im kleinen Eichenholzfass getrieben. Diese Spitzenweine werden mit hochwertiger Ausstattung wie Sonderetiketten und Spezialflaschen zu interessanten Preisen vermarktet.

In Zukunft Barrique-Weine nur noch mit Chips?

Seit einiger Zeit sind oak-chips (englisch = Eichenholzspäne) in der Weinbereitung im Gebrauch. Außer in der europäischen Gemeinschaft werden in den meisten Weinbaunationen diese oak-chips sehr intensiv eingesetzt. Viele Hersteller von traditionell hergestellten Barrique-Weinen fürchten, dass in Zukunft das Image dieser hochwertigen Produkte kaputt gemacht wird. Aus der Sicht des Autors ist dies jedoch nicht zu befürchten. Wie oben aufgezeigt, unterscheidet sich ein Spitzenwein von einfacheren Weinen nicht nur durch die Verwendung von simplen Eichenholzspänen. Nur durch weinbauliche und kellerwirtschaftliche Anstrengungen können große Weine entstehen. Es ist unrealistisch, dass in Zukunft große Weine ausschließlich durch die Verwendung von oak-chips hergestellt werden könnten.

Chips & Co sind weltweit im Einsatz

Es gibt jedoch eine Reihe von Weinen im mittleren Qualitätssegment, für die Barriques aus Kostengründen nicht in Frage kommen. Diese Weine profitieren weltweit durch die Verwendung vom Kontakt mit Eichenholz - wenn auch nicht in Form von Fässern. Durch den Einsatz von Eichenholz kann im mittleren Preissegment einem Wein deutlich mehr Fülle und Vollmundigkeit verliehen werden, ohne übermäßig deutlichen Holzgeruch und -geschmack.

Um zu den begehrten Holzaromen zu gelangen, kommt eine ganze Reihe von Möglichkeiten in Betracht. Neben den oak-chips (Eichenholzspäne) werden vor allem sogenannte inner staves (= innen liegende Dauben) verwendet.

Oak-chips und auch inner staves sind nach europäischem Recht in der Weinbereitung derzeit nicht zulässig.

Bei den oak-chips unterscheidet man in

 der Körnung (grob, mittel, fein bis hin zu Sägemehl)

 dem Toast- bzw. Röstgrad (stark, mittel, schwach und seltener ohne)

 der geographischen Herkunft (französisch, amerikanisch)

Ausschlaggebend für den Effekt ist aber vor allem die Aufwandmenge pro Liter. Je nach Wein werden oak-chips zwischen 0,5 - 6 g/l, aber auch bis zu 10 g/l verwendet. Oak-chips können in die Maische, in den Most oder auch zum Wein vor oder nach dem biologischen Säureabbau zugegeben werden. Dies ist ein wesentlicher Vorteil der oak-chips im Vergleich zu Fässern. Es ist möglich, die Menge Eichenholz an den Wein anzupassen und den beabsichtigten Stil herauszuarbeiten. Die Dosage kann auf den jeweiligen Jahrgang oder die Rebsorte abgestimmt werden.

Inner staves , dünne Eichenholzlatten, die in unterschiedlichen Toastgraden erhältlich sind, werden im Inneren von Weintanks vor der Befüllung mit Most oder Wein fest montiert, so dass diese nicht aufschwimmen. Die Industrie bietet dafür Lösungen (Abbildung 1). Zum Teil werden ganze Pakete mit dünnen getoasteten Holzlatten im Tank montiert und nach Gebrauch wieder erneuert.

   

Abbildung 1: System zur Montage von innen liegenden Dauben (= inner staves) in einem Tank (Bilder: independent stave company)

Eine weitere Möglichkeit des Holzkontaktes mit Wein wird mit australischen Spezialtanks angeboten. Diese sogenannten Stakvats (= Stapeltank) verfügen über einen kubischen Edelstahlkörper mit Seitenwänden aus Eichendauben (Abbildung 2). Stakvats können bis zu fünf Einheiten hoch gestapelt werden, sind konisch an der Kopf- und Bodenseite, so dass diese leer laufen können und ohne Luftblase voll werden. Die Seitenwände aus Eichenholz sind getoastet und können je nach Bedarf erneuert werden (Abbildung 3). Durch die Seitenwände gelangt permanent Sauerstoff in den Wein, vergleichbar mit Holzfässern. Zusätzlich lassen sich in die Stakvats inner staves einbauen (Abbildung 4). Je nach Anzahl der inner staves kann ein Wein mehr oder weniger stark mit Holzaromen ausgestattet werden. Dennoch ist der Holzeinfluss auch bei einem mit inner staves vollgepacktem Stakvat geringer als bei einem neuen Barrique. Dies ergibt sich aufgrund des Volumen von rund 900 Liter und der maximalen Holzoberfläche im Stakvat (siehe Tabelle 1).

Abbildung 2: Stakvat mit zwei gegenüberliegenden Türen mit Eichenholzeinlagen (Inhalt ca. 900 L)

 

Abbildung 3: Innenseite einer Stakvat-Tür

 

Abbildung 4: Stakvat mit geöffneter Tür, mit inner staves (Bild: Ausvat LTD)

Wie viel Eichenholz braucht man?

Auf diese Frage kann man keine verbindliche Antwort geben. Je mehr Eichenholzeinfluss gewünscht wird, desto kleiner muss bei Fässern das Gebinde sein. Dies ergibt sich aus der Relation von Volumen zu Kontaktoberfläche (Tabelle 1). Sehr deutlich ist die Verringerung der Kontaktfläche in cm² pro Liter mit steigendem Behältervolumen zu erkennen.

Tabelle 1: Inhalt, Holzoberfläche und Kontaktfläche Eichenholz pro Liter Wein in unterschiedlichen Lagerbehältern

 

Inhalt (Ltr.)

Holzoberfläche (m²)

cm²/Liter

Barrique

225

2,8

124

Stückfass

1.200

8,5

71

Stakvat mit inner staves

880

6,4

72

Eichenfass

5.000

20

40

Stakvat ohne inner staves

900

1,8

20

Oak-chips und inner staves können diese Relationen wieder verändern. Je nach Spangröße bei den oak-chips beziehungsweise je nach Form der inner staves besitzen diese eine sehr große Oberfläche, die in Fässer oder Tanks eingebracht werden kann. Die Werte der Oberfläche der Stakvats wurden nach den Angaben der Firma Ausvat PTY, Perth Australien, berechnet. Es wird deutlich, dass die inner staves in den Stakvats die Kontaktfläche des Weines um Faktor 3,6 erhöhen.

Versuche

In den vergangenen Jahren wurden viele Versuche mit Chips durchgeführt (BINDER G, 2001; BINDER G, 2001; DUCOURNAU P, CHASSIN M u.a., 1999; PEREZ-COELLO MS, SANCHEZ MA u.a., 2000; PEREZ-COELLO MS, GONZALEZ-VIÑAS MA u.a., 2000).

An der Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein und Obstbau Weinsberg (LVWO Weinsberg) werden seit mehreren Jahren Versuche zum Einfluss des Barrique-Ausbaus durchgeführt. Auch der Einsatz von oak-chips sowie der Stakvats werden untersucht. Eine Auswahl der Ergebnisse soll im folgenden vorgestellt werden.
Der Effekt von französischen oak-chips (mittlere Toastung und Körnung) auf die Analytik und Sensorik von Württemberger Lemberger (kurzzeithocherhitzt) wurde in den Jahren 2000 sowie 2001 untersucht.

Hierzu wurden

-

ca. 1500 kg Maische erhitzt auf 87°C

-

auf 45°C rückgekühlt

-

nach 12 h Standzeit abgepresst

-

rückgekühlt auf 20°C

-

und vorgeklärt.

Anschließend wurden die Moste in Chargen mit 160 und 225 Liter aufgeteilt. Die oak-chips wurden den Mosten vor der Vergärung zugesetzt und erst nach dem biologischen Säureabbau wieder entfernt. Tabelle 2 zeigt eine Übersicht der Versuche.

Tabelle 2: Varianten der Chipsversuche mit Lemberger (KHE) in den Jahren 2000 und 2001

Jahr 2000

Jahr 2001

Kontrolle

Kontrolle

oak-chips 60 g/hl zum Most

oak-chips 100 g/hl zum Most

oak-chips 120 g/hl zum Most

oak-chips 300 g/hl zum Most

oak-chips 200 g/hl zum Most

oak-chips 500 g/hl zum Most

Neues Barrique

Barrique 3. Belegung + 300 g/hl oak-chips

Betrachtet man die Entwicklung der Gesamtphenole sowie der Absorption bei 280 nm, so lässt sich ein durchgehender Anstieg durch die Verwendung von oak-chips und noch deutlicher beim Barrique erkennen. Die Gesamtphenolgehalte wurden durch die oak-chips um 30 bis 110 mg/l angehoben. Ähnlich kann der Verlauf der Absorption bei 280 nm beschrieben werden, der mit Verwendung der oak-chips stetig zunimmt (Jahrgang 2000 Abbildung 5, Jahrgang 2001 Abbildung 6).

Abbildung 5: E 280 nm und Gesamtphenolgehalte bei 2000er Lemberger mit oak-chips und neuem Barrique

 

Abbildung 6: E 280 nm und Gesamtphenolgehalte bei 2001er Lemberger mit oak-chips und gebrauchtem Barrique mit oak-chips

Betrachtet man sich die Entwicklung der Farbe, so sind große Unterschiede zwischen den Kontrollvarianten - nur im Edelstahl ausgebaut - und denen, die mit oak-chips und insbesondere im Barrique ausgebaut waren (Abbildung 7). Alle Weine mit Holzkontakt weisen mehr Farbe auf. Besonders deutlich ist der Anstieg in der Versuchsserie mit dem 2000er Lemberger zu erkennen, bei dem ein neues Barrique verwendet wurde. Sicherlich war hierbei die Lagerung mit kontrollierter Sauerstoffzufuhr sowie eine vergleichsweise große Anreicherung mit phenolischen Substanzen ausschlaggebend. Ähnliche Ergebnisse bezüglich der Lagerung von Rotwein im Holzfass wurden schon vielfach publiziert (MAURER R, 1997; MAURER R, 1998; FISCHER U und STRASSER M, 1999; KÖHLER HJ, GESSNER M u.a., 2000; SCHNEIDER V, 2002; BERNATH K und HÖCHLI U, 2002). Die Reaktorfunktion des Holzfasses kann nicht durch eine oak-chipsdosage im Edelstahltank ersetzt werden. Möglicherweise wird die Mirko-oxigenierung mit reinem Sauerstoff in Zukunft hierzu einen Beitrag leisten können, was jedoch noch nicht hinreichend untersucht ist.

Abbildung 7: Farbsummen von Lemberger ausgebaut im Edelstahltank mit und ohne oak-chips sowie im Barrique

Sensorik

Die Gretchenfrage beim Arbeiten mit oak-chips ist jedoch die Frage nach dem Geschmack. Das Sensorikpanel der LVWO Weinsberg verkostet alle Versuchsweine.

Beim 2000er Lemberger kann man den Effekt der oak-chips deutlich erkennen. Die Prüfer bewerteten die Variante mit 200 g/hl oak-chips als die, mit der am stärksten ausgeprägten Aromaintensität und vergaben auch bei der Qualitätszahl, hier DLG-5 Punkte, die höchsten Punkte (Abbildung 8). Ähnlich sieht das Ergebnis beim 2001er Lemberger aus (Abbildung 9). Die Variante mit 500 g/hl oak-chips gewinnt deutlich bei den Attributen wie Rauch/Toast und Vanille und verliert gleichzeitig an Fruchtintensität. Dennoch wird der Wein positiv bewertet, was in der Qualitätszahl ersichtlich ist.

Abbildung 8: Sensorik vom 2000er Lemberger ausgebaut mit unterschiedlichen oak-chips-Dosagen
(n = 9 Prüfer)

 

Abbildung 9: Sensorik vom 2001er Lemberger ausgebaut mit unterschiedlichen oak-chips-Dosagen (n = 14 Prüfer)

Generell konnte in den Verkostungen der Eindruck gewonnen werden, dass durch die Verwendung der oak-chips die Weine aromatischer, vielfältiger und tiefgründiger wurden, die sortentypische Frucht wird geringer. Jedoch kann ein Wein im Tank ausgebaut durch die Verwendung von oak-chips nicht zu einem Barriquewein gemacht werden. Dazu ist der Tankausbau zu reduktiv und meistens oft das Lesegut nicht hochwertig genug.

Weisswein und oak-chips

Der Ausbau von Weißwein im Barrique ist vor allem bei den Burgunder-Sorten interessant. Daher wurde ein 2001er Chardonnay für eine Versuchsserie ausgewählt.

Untersucht wurde der Einfluss der Vergärung des Mostes:
 - im neuen Barrique (Allier, mittlere Toastung)
 - im gebrauchten Barrique mit 300 g/hl oak-chips (französische, mittlere Toastung und Körnung).
- Kontrolle: im Edelstahl ausgebaut.

Eine weitere Variante mit oak-chips im Edelstahl konnte aufgrund einer Fehlentwicklung nicht ausgewertet werden. Die oak-chips wurden dem Barrique lose zugegeben und mitvergoren. Nach Abschluss der Gärung wurden die Behälter beigefüllt, der biologische Säureabbau durchgeführt und noch 3 Monate auf der Vollhefe mit wöchentlichem Aufrühren gelagert. Nach weiteren 4 Wochen Feinhefelager wurde geklärt und abgefüllt. Die Analyse dieser Varianten ist in Tabelle 3 ersichtlich. Vergleicht man die Edelstahlvariante mit den beiden Barrique-Varianten, so ist ein Anstieg der Asche, der Reduktone, der E 420 sowie recht deutlich der Gesamtphenole zu erkennen. Ein Abfall des zuckerfreien und folglich des Restextraktes bei der Variante mit neuem Barrique ist zu erkennen.
Sensorisch sind die Unterschiede deutlicher, als die Unterschiede der Analysenwerte vermuten lassen (Abbildung 10). Deutlich sind die Attribute Toast/Rauch und Vanille von der Kontrolle abgehoben. Die Intensität von neuem und gebrauchtem Barrique mit oak-chips ist jedoch auf vergleichbarem Niveau. Geschmackliche Fülle und Nachhaltigkeit sind beim neuen Barriquefass stärker ausgeprägt und die Chips-Variante nimmt eine Zwischenstellung ein. Deutlich kann man die Verringerung der fruchtigen Aromen durch den Toast-, Rauch- und Vanillegeruch beobachten.
Mit Verwendung von oak-chips im gebrauchten Barrique wurde ein hochwertiger Wein bei geringen Kosten und unter Verwendung von bestehenden Ressourcen hergestellt. Qualitativ konnte der mit oak-chips hergestellte Wein nicht ganz an den Wein im neuen Barrique heranreichen, kam diesem aber schon relativ nahe. Durch diese Vorgehensweise könnte ein Beitrag geleistet werden, die zunehmende Abholzung der Eichenwälder einzudämmen. Des weiteren könnten die Kapitalkosten der Betriebe gesenkt werden (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 3: Analysen von Chardonnay vergoren in Edelstahl, im neuen Barrique und im gebrauchten Barrique mit 300 g/hl oak-chips

Versuch

01-26-01
Kontrolle

01-26-02
neues Barrique

01-26-03
gebrauchtes Barrique mit Chips

Alkohol g/l

97,5

99

99,9

Glycerin g/l

6,7

6,7

6,7

Zucker g/l

2,6

2,6

2,6

ZuFrExtr g/l

24,3

23,5

24,4

REEX g/l

12,7

11,8

12,5

spezif Gewicht

0,9939

0,9933

0,9935

pH-Wert

3,86

3,84

3,81

Tit. Gesamtsäure g/l

6,3

6,4

6,6

Asche g/l

2,7

2,9

3

SO 2 frei mg/l

43

47

54

SO 2 gesamt mg/l

78

77

95

Reduktone mg/l

14

21

29

E 420 nm/1cm

0,130

0,138

0,160

Gesamtphenole mg/l

311

353

387

 

Abbildung 10: Sensorik vom 2001 Chardonnay vergoren in Edelstahl, im neuen Barrique und im gebrauchten Barrique mit 300 g/hl oak-chips

Stakvat versus Barrique

Die Versuche mit den australischen Stakvats verliefen positiv. Insgesamt wurden 15 Stakvats nach Deutschland importiert, wovon drei an der LVWO Weinsberg und zwölf weitere in sechs württembergischen Betrieben getestet werden. Die Vergärung von unterschiedlichen Weinen erbrachte positive Resultate, die Handhabung ist einfach, die Behälter waren bis auf eine Ausnahme alle dicht. Das undichte Stakvat konnte in Eigenregie mit geringem Aufwand nachhaltig abgedichtet werden.

In einem Versuch der LVWO Weinsberg wurden 2001er Lemberger Rotmoste in Edelstahl, im neuen Barrique und in einem Stakvat mit amerikanischer Eiche vergoren. Die Analysen dieser Varianten sind in Tabelle 4 ersichtlich. Die analytischen Unterschiede zwischen Stakvat und Barrique sind gering. Das Stakvat mit seiner geringeren Holzoberfläche pro Liter Wein im Vergleich zum Barrique zeigt analytisch interessante Resultate. Leicht erhöhte Werte ergaben sich beim Stakvat im zuckerfreien Extrakt, Restextrakt, Farbsumme, Gesamtphenolgehalt sowie bei den flavonoiden Phenolen. Beim Barriqueausbau waren die nichtflavonoiden Phenole erhöht. Diese Unterschiede sind in der Summe relativ gering. Weitere Auswertungen müssen zur Verifizierung noch vorgenommen werden.

Tabelle 4: Analysenwerte von 2001er Lemberger vergoren in Edelstahl, im neuen Barrique und neuen Stakvat (amerikanische Eiche)

Versuch:

01-06-04
Kontrolle

01-06-05
neues Barrique

01-06-06
Stakvat amerikanische Eiche

Alkohol g/l

100,1

99,8

102,0

Glycerin g/l

6,1

6,4

6,5

Zucker g/l

3,4

3,3

3

ZuFrExtr g/l

21,1

21,7

22,5

REEX g/l

11

11,3

11,9

spezif Gewicht

0,9925

0,9928

0,9926

pH-Wert

3,79

3,77

3,79

Tit. Gesamtsäure g/l

5,3

5,4

5,4

SO 2 frei mg/l

35

39

42

SO 2 gesamt mg/l

56

57

60

E 280 nm/1 cm

30,85

32,4

32,75

E 320 nm/1cm

22,65

22,5

22,95

E 420 nm/1cm

1,072

1,053

1,151

E 520 nm/1cm

1,433

1,475

1,481

E 620 nm/1cm

0,255

0,26

0,291

Farbsumme

2,76

2,788

2,923

L* (d=1 cm)

47,4

46,3

44,6

a*

56,8

58,1

56,7

b*

23,7

22,3

24,5

Ionisationsindex

11

10

10

Gesamtphenole mg/l

1185

1279

1306

nichtgerbende Phenole mg/l

764

739

762

gerbende Phenole mg/l

421

540

544

nichtflavonoide Phenole mg/l

431

537

479

flavonoide Phenole mg/l

754

742

827

Leucoanthocyane mg/l

11

9

9

Die Sensorik dieser Varianten ist in Abbildung 11 ersichtlich. Mit dem neuen Barrique erfährt der Wein die umfassendste sensorische Veränderung. Vor allem die Attribute Eichenholz / Toast sind besonders deutlich ausgeprägt, gleichzeitig werden tendenziell die geschmackliche Fülle und die Nachhaltigkeit des Geschmacks verstärkt. Die Fruchtausprägung wird im Gegenzug deutlich geringer. Der Wein ist stark vom Holz geprägt. Der im Stakvat ausgebaute Wein nimmt eine Mittelstellung ein. Interessanterweise schätzten die Prüfer alle drei Weine qualitativ ähnlich ein, was sich in den Qualitätszahlen nach dem DLG-5-Punkte Schema zeigt. Dennoch wird klar, dass es sich um sehr verschiedene Weinstile handelt.

Abbildung 11: Sensorik von 2001 Lemberger ausgebaut im Edelstahl, Barrique und Stakvat (n=9 Prüfer)

Kosten

Vergleicht man ausschließlich die Materialkosten von Barriques und oak-chips, so ergeben sich erhebliche Unterschiede in der Kostenbelastung (Tabelle 5). Als Basis wurden nur die Materialkosten herangezogen. Normalerweise kann man Barriques nur etwa 3 Jahre nutzen, wenn der Wein noch deutliche Holzaromen aufweisen soll. Bei einem Kaufpreis von 600,- € und einer dreimaligen Belegung für jeweils 12 Monate entstehen Materialkosten von ca. 0,89 €/Liter. Durch die Verdoppelung der Nutzungsdauer der Barriques im Betrieb könnte die Materialkostenbelastung halbiert werden. Die Materialkosten der oak-chips liegen gerechnet mit einem Durchschnittspreis von 7,50 € /kg und bei 4 g/Liter bei ca. 0,03 € /Liter.

Tabelle 5: Materialkostenvergleich von neuem Barrique (600 € ) und gebrauchtem Barrique unter Verwendung von oak-chips (Ø 7,50 € /kg)

 

Barrique neu
Jahr 1 bis 3
ohne oak-chips

Barrique gebraucht
Jahr 4 bis 6  
mit oak-chips

Zeitraum der Nutzung

3 Jahre

6 Jahre

Materialkosten pro Liter

Barrique:
225 l x 3 Jahre = 675 l
600 € / 675 l = 0,89 € /Liter

Barrique:
225 l x 6 Jahre = 1350 l
600 €  / 1350 l = 0,45 € /Liter

Kosten oak-chips in 3 Jahren:
bei 4 g/l x 675 l = 2.700 g
20,25 €  / 675 l = 0,03 € /Liter

Dieser kurze Vergleich der Materialkosten pro Liter Wein am Beispiel von neuen und gebrauchten Barriques und der Verwendung von oak-chips, zeigt das Potential der möglichen Kosteneinsparungen - auch wenn der mit oak-chips hergestellte Wein wahrscheinlich nicht ganz die Klasse des neuen Barriques erreichen wird.

Zulassung von oak-chips & Co in der Europäischen Union

Zur Zeit sind in der EU Eichenholzspäne in der Weinbereitung nicht zulässig. Erstaunlich ist jedoch, dass auch das Barrique selbst nicht in die Liste der zulässigen Verfahren aufgenommen war. Anlässlich des Kongresses des Internationalen Amtes für Rebe und Wein (OIV) in Adelaide in 2001 wurde deshalb lange über die Verwendung von Holz in der Weinbereitung diskutiert. Als zentral wurde die Frage angesehen, ob der Kontakt von Wein mit Eichenholz eine Aromatisierung darstellt oder nicht. Im Prinzip spielt es für die Gesetzgebung keine Rolle, ob dies in Form von Barriques oder in Form von oak-chips erfolgt. Letztlich konnten die Experten keine gravierenden sensorischen oder analytischen Unterschiede zwischen Barrique- und mit oak-chips hergestellten Weinen feststellen, so dass nichts gegen das Verfahren der Weinbereitung mit oak-chips spricht (CHRISTMANN M, 2001). Daraufhin wurde eine Resolution verfasst, die besagt, dass es sich sowohl beim Barriqueausbau als auch bei oak-chips nur um eine Form des Kontaktes von Wein mit Holz handelt und nicht um eine Aromatisierung. Es sollen in Kürze noch die Bedingungen für den Einsatz des Eichenholzes festgelegt werden. Es soll auf jeden Fall verhindert werden, dass flüssige Holzextrakte eine Zulassung erfahren könnten.
Weiterhin muss beachtet werden, dass die OIV keine gesetzgeberische Funktion ausübt, es können nur Empfehlungen ausgesprochen werden. Ob und, wenn ja, wann sich etwas in der Gesetzgebung bewegen wird, ist noch unklar.

Fazit

Weltweit werden Weine mit mehr oder weniger starkem Einfluss von Eichenholz hergestellt. Das traditionelle Verfahren des Ausbaues von Wein in Eichenholzfässern gilt als der Premiumausbau für viele berühmte Rot- und Weißweine.
Außereuropäische Weinproduzenten, die in die Europäische Gemeinschaft exportieren dürfen, verwenden für Weine im unteren und mittleren Qualitätsbereich Eichenholzspäne (oak-chips) und dünne Holzlatten, die im Inneren von Tanks befestigt werden (inner staves = innenliegende Dauben). Durch internationalen Druck wurde im vergangenen Jahr anlässlich der Generalversammlung des Internationalen Amtes für Rebe und Wein (OIV) eine Resolution verfasst, die sowohl den Ausbau im Barrique als auch die Verwendung von oak-chips als Kontakt des Weines mit Holz ansieht und nicht als eine Aromatisierung gilt. Aromatisierungen von Wein sind generell unzulässig.
Es werden Versuchsergebnisse der LVWO Weinsberg aus den Jahren 2000/2001 gezeigt, die mit oak-chips und Stakvats durchgeführt wurden. Es konnte gezeigt werden, dass die Veränderung der Aromatik von Wein sich durch die Verwendung von oak-chips in etwa ähnlich verändert wie sich dies beim Barrique-Ausbau ergibt. Es konnte jedoch auch festgestellt werden, dass die Verwendung von oak-chips in geschlossenen Edelstahltanks nicht in der Lage ist, einen "echten" Barriqueausbau zu simulieren. Gute Erfahrungen wurden mit der Verwendung von oak-chips in gebrauchten Barriques gemacht. Es bleibt zwar der erhöhte Arbeitsaufwand, senkt auf der anderen Seite aber die Kapitalbelastung. Des weiteren wird das edle Fassholz für längere Zeit verwendet, es werden die Eichenholzbestände geschont.
Erste Erfahrungen mit Stakvats, australischen Stapeltanks mit zwei Seitenwänden aus getoastetem Eichenholz, konnten gesammelt werden. Dem Wein wird über die Seitenwände ähnlich wie bei Fässern, kontinuierlich Sauerstoff zugeführt. Ob sich diese Form eines Lagerbehälters in Deutschland etablieren kann, bleibt abzuwarten.

Literatur
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4. Ducournau P, Chassin M und Lemaire T (1999) : "Chips as a Factor of Quality"; American Journal of Enology & Viticulture; 50. Auflage, Nr.4; S.545-545,
5. Perez-Coello MS, Sanchez MA, Garcia E, Gonzalez-Viñas MA, Sanz J und Cabezudo MD (2000) : "Fermentation of White Wines in the Presence of Wood Chips of American and French Oak"; Journal of Agricultural & Food Chemistry; 48. Auflage, Nr.3; S.885-889,
6. Perez-Coello MS, Gonzalez-Viñas MA, García-Romero E, Cabezudo MD und Sanz J (2000) : "Chemical and sensory changes in white wines fermented in the presence of oak chips"; International Journal of Food Science & Technology; Nr.35; S.23-32,
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8. ----- (1998) : "Die Farbe des Rotweines (Teil III) "Phänomen Farbe""; Das Deutsche Weinmagazin; Nr.11; S.22-27,
9. Fischer U und Strasser M (1999) : "Tanninmanagement, Teil I - Von Körper, Fülle und Nachhaltigkeit"; Das Deutsche Weinmagazin; Nr.18; S.36-39,
10. Köhler HJ, Gessner M und Miltenberger R (2000) : "Rotweinbereitung, Teil II - Das Geheimnis der Rotwein-Farbe"; Das Deutsche Weinmagazin; Nr.15; S.28-32,
11. Schneider V (2002) : "Önologisches Stichwort - Rotweine im Barrique"; Die Winzer-Zeitschrift; Nr.2; S.33
12. Bernath K und Höchli U (2002) : "Bedeutung der Mikrooxidation, Teil 1"; Das Deutsche Weinmagazin; Nr.17-18; S.14-18,
13. Christmann M (2001) : "OIV -Kongress, Adelaide / Australien - Neue Verfahren in der Weinbereitung"; Der Deutsche Weinbau; Nr.24; S.30-31

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