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Internationaler AK Begrünung tagte im September in Weinsberg

Bericht über das 15. Kolloquium

 

R. Fox

LVWO Weinsberg

 

Das nunmehr 15. Kolloquium des Internationalen Arbeitskreises Begrünung im Weinbau fand im September 2005 in Weinsberg statt. Wie in allen vorangegangenen Kolloquien wurden wiederum praxisnahe aktuelle Themen aufgegriffen. So nahmen aufgrund der anstehenden Probleme die Bereiche Begrünungsmanagement, Begrünung/Klimawandel und Wasserschonung, Begrünung und Weinqualität sowie Tropfbewässerung großen Raum ein. Als ganz neue Problematik stand die Schwarzholzkrankheit auf der Tagesordnung. Zusammenfassend soll im Folgenden darüber berichtet werden.

 

Begrünungssysteme/Management/Bodenmikrobiologische Aspekte

 

Für das Begrünungsmanagement spielen nach Riedel, M., Freiburg, die Standortbedingungen, die Witterung, das Alter, die maschinelle Ausstattung des Betriebes, die Erfahrungen, aber auch zunehmend Rechtsvorschriften ‑ z. B. Wasserschutzsgebietsauflagen ‑ eine wichtige Rolle. Eventuelle negative Auswirkungen auf die Weinqualität ‑ Weißwein ‑ werden vor allem bei selbstvermarktenden Betrieben zunehmend kritisch registriert und entsprechende Anpassungen im Begrünungsmanagement vorgenommen. Flexibilität, also angepasste Begrünungspflege, sei erforderlich, um größtmögliche Vorteile zu erzielen sowie Nachteile gering zu halten.

 

Häußer, S., Geisenheim, unterstrich unter anderem die Notwendigkeit angepasster Ansaatmischungen sowie Pflegetechniken. Auch er stellte heraus wie wichtig eine "dynamische" Handhabung sei, um Nachteile zu vermeiden, aber die Vorteile nutzen zu können.

 

Mit dem Thema Klimawandel ‑ Herausforderung an die Begrünungspflege ‑ beschäftigte sich Fox, R., Weinsberg, in seinem Referat. Die Folgen des Klimawandels

mit ausgeprägten Niederschlagsereignissen, aber auch Trockenperioden, lassen die Begrünung als Erosionsschutz einerseits besonders wertvoll werden, verstärken andererseits jedoch in Trockenperioden die Stresssituationen für die Rebe. Höhere Jahresdurchschnittstemperaturen sowie damit verbunden höhere Verdunstungsraten bei ungünstiger Niederschlagsverteilung (Zunahme der Winterniederschläge) verschärfen die Probleme mit Wasser- und Nährstoffstress während der Vegetationszeit der Rebe. Das höhere Energieangebot führt zu einem früheren Eintritt der phänologischen Rebstadien einschließlich des Reifebeginns. Folgen dann bei spätsommerlich hohen Temperaturen ausgeprägte Feuchteperioden ‑ wie beispielsweise in den Jahren 2004 und 2005 ‑ so kommt ein enormer Wasser- und Nährstoffschub mit gravierenden Folgen für die Traubengesundheit zustande. Die maschinelle Ernte ist daneben bei hoher Feuchte wegen schlechter Befahrbarkeit in Frage gestellt.

 

Eine angepasste Begrünungspflege (Dauer- wie Winterbegrünung) soll:

- eine gute Befahrbarkeit einschließlich der Ernte sichern,

- die Bodenverdichtung begrenzen helfen,

- die Erosion minimieren,

- zu einer möglichst hohen Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit/Pufferwirkung beitragen,

- die Nitratauswaschung mindern,

- eine bedarfsgerechte Nitratbereitstellung sichern,

- harmonische Wuchsverhältnisse (angepasst an Sorten bzw. Weinarten) unterstützen,

- keine negativen Auswirkungen auf die Weinqualität haben

- sowie die Kosten für die Produktion (Arbeitsaufwand Maschinen und Energie) begrenzen helfen.

 

Angepasste Begrünungspflege bedeutet demnach hohe Flexibilität entsprechend den aktuellen Gegebenheiten wie Witterungsverlauf, Bodenwasservorräte, Rebwuchs, Rebsorte und dergleichen. Eine ganzflächige, permanente Dauerbegrünung ist hierbei genauso wenig geeignet wie zum Beispiel eine Winterbegrünung in jeder Gasse. Kombinationen, angepasst an die regionalen Verhältnisse, erlauben dagegen ausreichende Flexibilität - siehe Abbildungen 1 und 2.

 

 

 

 

 

Wassersparendes Management bei Dauerbegrünung bedeutet:

 

- Zeitig, häufig und kurz mulchen - Abbildung 3

- gezielter, flacher Eingriff im zeitigen Frühjahr, um Wasserverbrauch zu mindern und die N‑Mineralisation zeitgerecht zu fördern, Steuerung der Rebvitalität

- besonders auf Trockenstandorten Humuszufuhr zur Minderung der unproduktiven Verdunstung, zur Erhöhung des Speichervermögens sowie um Humusabbau durch "Eingriff" zu kompensieren - Abbildung 4

- Bodenverdichtung minimieren (Erhaltung des Wasserspeichervermögens)

- Erosionsverluste durch Schlupf in den Fahrspuren möglichst vermeiden - Abbildung 5

- keine zu frühe N‑Düngung, da Förderung von wasserzehrenden, massenwüchsigen Pflanzen

- gegebenenfalls im Sommer nochmals Eingriff mit Kreiselegge, 2‑3 cm tief (u. a. Förderung der Reservestoffeinlagerung in gestressten Beständen)

 

 

 

 

 

 

 

Es wird in Anbetracht noch größerer Witterungsschwankungen künftig mehr denn je eine situationsangepasste Vorgehensweise der Begrünungspflege notwendig sein, um möglichst geringe negative Einflüsse auf die Weinqualität ‑ sei es durch Trocken- und damit Nährstoffstress, aber auch zu üppiges Nährstoffangebot bei übermäßigen Niederschlägen ‑ zu erzielen. Die zunehmende Mechanisierung macht eine gute Befahrbarkeit auch zur Ernte erforderlich. Aus Umweltgründen ‑ Nitrataustrag, Belastung der Vorfluter ‑ bleiben die Minimierung des Nitrataustrages sowie der Erosionsschutz Daueraufgaben. Auch der Aufwand an Technik und Energie sollte auf das Nötigste begrenzt werden.

 

Reuter, S., Neustadt, behandelte das Thema "Konservierende Bodenbearbeitung - bodenmikrobiologische Aspekte". Ein Schwerpunkt zur Förderung der Bodenbiologie liegt seiner Ansicht nach auf der Reduzierung der mechanischen Bearbeitung. Im Weinbau kann die konservierende Bodenbearbeitung dazu eingesetzt werden, um negativen Effekten der Monokultur, wie z. B. Bodenverdichtung oder Humusverlusten, zu begegnen, aber auch, um den Boden in Hanglagen vor Erosion zu schützen. Weiterhin ist die konservierende Bodenbearbeitung vorteilhaft für die Bodenbiologie, welche eine Vielzahl an Bodenfunktionen, wie z. B. Struktur, Infiltration, Nährstoffversorgung sowie Stabilisierung organischer Substanz beeinflusst. Ergebnisse vergleichender Untersuchungen zum Einsatz mechanischer und chemischer Verfahren sowie Dauerbegrünung an unterschiedlichen Weinbergsstandorten zeigten, dass die organische Substanz, die Bodenatmung und die mikrobielle Biomasse des Bodens positiv auf konservierende Verfahren reagierten.

Der gezielte, sachgerechte Einsatz von Nachauflauf-Herbiziden im Weinbau sollte intensiver unter dem Aspekt der nachhaltigen Bodenbewirtschaftung betrachtet werden. Die Umweltwirkungen von Herbiziden im Vergleich zu mechanischen Verfahren generell als negativ zu betrachten, dürfte dem Sachverhalten auf Dauer nur ungenügend gerecht werden. Weiterhin kann der Einsatz von Nachauflauf-Herbiziden auch dazu beitragen, Weinberge zu erhalten, die mit Maschinen oft schwierig oder kostspielig zu bewirtschaften sind, so z. B. Steillagen und Terrassen, und somit traditionelle Landschaften zu fördern, stellte Reuter abschließend heraus.

 

Nährstoffversorgung, Humushaushalt, N-Dynamik, Blattdüngung

 

Auf das Thema Biomasseproduktion und Nährstoffgehalt von Begrünungspflanzen ging Fardossi, A., Klosterneuburg, ein. Er stellte Ergebnisse aus Untersuchungen zur Produktion von Biomasse und Nährstoffgehalt von sechs Pflanzenarten als Frühjahrsbegrünung vor. Dabei unterschieden sich sowohl die Biomasseproduktion als auch die Höhe der Konzentration an Nährstoffen in den geprüften Pflanzen erheblich. Der meist hohe Kaliumbedarf von Sommerbegrünungen fällt mit einem hohen Kaliumbedarf der Rebe zusammen. Inwieweit dadurch eine Konkurrenz zur Rebe entsteht, blieb offen.

 

Mehofer, M., Klosterneuburg, ging auf Ergebnisse aus einem Bodenpflege- und Begrünungsversuch im Hinblick auf die Stickstoffmobilisierung und Nährstoffversorgung der Rebe auf einem Lößstandort unter sommertrockenen Klimabedingungen ein. Die begrünte Parzelle wies dabei die geringsten Nitratwerte auf. Hier lagen auch im Juli die geringsten Trieblängen vor. Der Mostsäuregehalt war in allen Parzellen mit mechanischem Eingriff höher als in den begrünten Parzellen. Die Mostgewichte und die Mineralstoffgehalte wiesen zum Lesetermin keine Unterschiede auf. Dagegen war das 100-Beerengewicht sowie der Ertrag in kg/a in der begrünten/unbearbeiteten Variante deutlich niedriger als in den übrigen. Dies traf tendenziell auch für den hefeverfügbaren Stickstoff im Most zu und deutet auf die Konkurrenz der Begrünung um Wasser und Nährstoffe hin. Der Gärverlauf der Moste unterschied sich nicht. Die Ergebnisse des einjährigen Versuches weisen einerseits im Rebwuchs bereits auf eine gewisse Bremswirkung hin. Andererseits kann durch wenige mechanische Eingriffe sowohl die Vitalität als auch die Weinqualität gesichert werden. Dies ist bemerkenswert.

 

Mit dem Einfluss der Kompostanwendung auf die Nährstoffdynamik in begrünten und offen gehaltenen Rebanlagen beschäftigte sich Wagnitz, J., Oppenheim, anhand eines Versuches bei Riesling. So führte die Kompostausbringung auf den gut versorgten Lößböden Rheinhessens zu erheblich höheren Nitratwerten auch im Sickerwasser. Ertrag, Holzertrag als auch die Ergebnisse von Blattanalysen zeigten keinen Einfluss auf. Auch in der Sensorik waren keine Unterschiede zu ermitteln.

Wagenitz kam deshalb zu folgendem Fazit: Auf gut versorgten Lößböden, die einem beträchtlichen Flächenanteil von Rheinhessen entsprechen, scheint aus weinbaulicher Sicht der Einsatz von Kompost nicht unbedingt sinnvoll zu sein. Offensichtlich reicht hier eine Erhaltungsdüngung zur Sicherung von Qualität und Ertrag völlig aus. In dem vorliegenden Versuch konnte selbst in der seit 8 Jahren ungedüngten Kontrolle kein eindeutiger Unterschied bei der Weinqualität festgestellt werden.

 

Auf den Einfluss verschiedener organischer Dünger auf Ertrag und Qualität bei der Rebsorte Silvaner ging Schwab, A., Veitshöchheim, in seinem Referat ein. Die Versorgung des Bodens mit organischem Material ist besonders in humusdefizitären Anbausystemen wie dem Weinbau zur Aufrechterhaltung der Bodenfruchtbarkeit unerlässlich, stellte er einführend heraus. Bereits nach zweimaliger Ausbringung nährstoffreicher Materialien (Bio-Kompost) lagen bei Ertrag, Mostgewicht, hefeverfügbarem Stickstoff im Traubenmost (FAN) und beim Reifeindikator Prolingehalt höhere Werte vor. Auch die Torfvariante schnitt auf dem flachgründigen Muschelkalkstandort erstaunlicherweise sehr gut ab. Hintergrund hierfür könnte der dadurch wesentlich verbesserte Wasserhaushalt darstellen. Die ausgebauten Weine aus 2004 unterschieden sich jedoch nicht.

 

Spring, J.-L., Changins, berichtete über den Einfluss von Blattharnstoffspritzungen auf die N- Versorgung bei begrünten Gutedelreben im Genfer-See-Gebiet.

Verglichen wurden 50 kg N/ha Bodendüngung im Frühjahr , 4-malige Blattharnstoffspritzung ab Ende August mit insgesamt 20 kg N/ha sowie 10 Blattspritzungen ab der Blüte mit insgesamt 50 kg N/ha mit einer ungedüngten Kontrolle. Als Blattdünger kam das biuretarme Produkt Folur, das in höherer Konzentration angewendet werden kann wie normaler Harnstoff, zum Einsatz. Im Mittel von 3 Jahren zeigten sich gegenüber der ungedüngten Variante höhere Blattstickstoffwerte. Die Untersuchungen auf Moststickstoff ergaben bei allen gedüngten Varianten deutlich höhere Werte, die Jahrgangsschwankungen waren jedoch ebenfalls beträchtlich. Die Blattdüngung mit 50 kg N/ha schnitt wesentlich besser ab, als die auf gleichem Niveau durchgeführte Bodendüngung. Dies zeigt, dass blattapplizierter Stickstoff in großem Umfang den generativen Organen - also den Trauben - zugute kommt. Traubengewichte sowie Mostgewichte unterschieden sich kaum.

In der Weinbewertung schnitt die Variante mit 10-maliger Blattdüngung deutlich besser ab. Die Vorteile zeigten sich vor allem im besser bewerteten Bukett,  bei der geringeren "Bitterkeit" sowie in der Gesamtbeurteilung. Es scheint, dass Blattharnstoffspritzungen mithelfen können negative Auswirkungen von Wasserstress auszugleichen.

 

Über Untersuchungen zur N-Blatt-Düngung im Weinbau berichtete Ziegler, B., Neustadt. In der weinbaulichen Praxis wird versucht, geringere Stickstoffverfügbarkeit durch N-Blattdüngung ‑ vielfach Harnstoffdünger ‑ auszugleichen. In langjährigen Versuchen wurden bei Anwendungskonzentrationen von 0,4 ‑ 0,65 % Harnstoff und 3 ‑ 4 Applikationen ab Nachblüte jährlich insgesamt 5 ‑8 kg N/ha ausgebracht.

 

Ergebnisse: Lediglich bei einem Drittel der Versuche war eine Wirkung durch höhere Zuckerleistung zu erzielen. Die Sorte Spätburgunder reagierte dabei am deutlichsten. Die hefeverwertbaren Aminosäuren im Most (Ferm‑N/NOPA) überstiegen bei der Variante Harnstoff in der Hälfte der Versuchsserien die Kontrolle. Im Trockenjahr 2003 wurden bei allen drei im Versuch stehenden Sorten höhere NOPA-Werte gemessen. Über die Hälfte der behandelten Varianten wiesen jedoch auch mehr Botrytis auf. Jahrgangsbedingt traten durch Harnstoffspritzungen auch mehr Stielerkrankungen auf. Eine Wirkung von N-Blattdüngern ist nicht in jedem Jahr zu erwarten. Aus Sicht der Traubengesundheit warnte Ziegler abschließend vor überhöhter und zu später Ausbringung.

 

Sicherung der Weinqualität, Wasserhaushalt, Tropfbewässerung

 

Über Versuche zur Begrünung + Tropfbewässerung zur Sicherung von Qualität und nachhaltiger Nutzung von Steillagen berichtete Gruber, B., Geisenheim. In seinen Versuchen führte die isolierende Wirkung der früh ausgetrockneten oberen Bodenschicht in den begrünten Varianten dazu, dass die Gesamtverdunstung im weiteren Verlauf sogar unter dem Niveau von Abdeckungsvarianten mit ihrer größeren Laubfläche lag. Im für die Inhaltsstoffbildung entscheidenden Zeitraum ab beginnender Reife war eine bessere Versorgung der Reben durch Rindenmulchabdeckung jedoch nicht gewährleistet.

Der Einsatz einer Tröpfchenbewässerung auf einem Standort mit geringer Wasserspeicherkapazität mit dem frühmorgendlichen Wasserpotenzial als Steuerungsparameter, führte zu sehr interessanten Ergebnissen. Als Schwellenwert für den Einsatz der Bewässerung wurden ‑0,3 MPa gewählt, da auf diesem Niveau moderaten Stresses das Wachstum bereits stark reduziert ist, ohne dass die Assimilation zu stark gehemmt wird. Im Gegensatz zu früheren Erfahrungen ohne einen geeigneten Steuerungsparameter, war das Risiko einer Überversorgung vernachlässigbar. Gleichzeitig jedoch war mit relativ geringen Wassermengen von 5 l/m² auch in Situationen hohen Bedarfs eine ausreichende vorübergehende Erholung der Reben bei ganzflächiger Begrünung gegeben. Insbesondere unter den instabilen Wetterbedingungen Mitteleuropas, stellt die im Vergleich zu Bodenbearbeitungsmaßnahmen sehr kurzfristige Eingriffsmöglichkeit somit einen wesentlichen Vorteil der Zusatzbewässerung dar. Die bisher mitunter betonten negativen Folgen einer Begrünung in Situationen starker Konkurrenz um Nährstoffe und Wasser wie Ertrags- und Wuchsdepressionen, Gefährdung der Weinqualität und des Alterungspotenzials, scheinen sich somit durch den Einsatz einer gezielt gesteuerten Tröpfchenbewässerungsanlage vermeiden zu lassen.

 

Löhnertz, O., Geisenheim, referierte über das Thema Einfluss von Begrünungsmaßnahmen auf die Bildung von Inhaltsstoffen. Die Bodenpflege hat neben der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit und der Gewährleistung einer nachhaltigen Weinproduktion das Ziel, die Erzeugung hoher Weinqualitäten zu unterstützen. Durch die Wasser- und Nährstoffkonkurrenz der Begrünungspflanzen, kann es zu einer mangelnden Nährstoffversorgung der Rebe und einer daraus resultierenden verminderten Bildung von Inhaltsstoffen kommen. Der Primärstoffwechsel der Rebe, insbesondere die Produktion von Zucker, wird erst bei verstärkten Mangelsituationen dramatisch reduziert. In den letzten Jahren konnte in diesem Zusammenhang eine verringerte Einlagerung von Aminosäuren in die Trauben beobachtet werden. Diese Reduzierung, insbesondere die verminderte Einlagerung der Aminosäure Arginin, (wichtigste und nicht durch Gärsalzzugabe ersetzbare Stickstoffquelle der Hefe) kann in Verbindung mit weiteren Faktoren zu Gär- und Qualitätsproblemen führen. In diesem Kontext muss auch die Abnahme der Gehalte an zuckerfreiem Extrakt als Folge von Wasser- und Nährstoffmangel gesehen werden. Neben erheblichen Qualitätsmängeln wurde ein geringeres Alterungspotenzial der Weine und eine vermehrte Bildung von 2-Aminoacetophenon, der für die Ausprägung der untypischen Alterung verantwortlichen Substanz, festgestellt. Dieser Zusammenhang gilt bei Weißweinen. Bei Rotweinen kann durch eine angespannte Wasser- und Nährstoffversorgung tendenziell sogar eine Verbesserung der Weinqualität beobachtet werden. Durch eine standortangepasste Begrünung lassen sich Stresssituationen und somit negative Auswirkungen auf die Bildung von Inhaltsstoffen bzw. die Weinqualität vermeiden, schloss der Referent.

 

Mit dem Thema rechtliche Grundlagen und Technik der Tropfbewässerung beschäftigte sich Reuther, H., NETAFIM Deutschland. Einleitend stellte sie fest, dass seit 2003 die rechtlichen Grundlagen zur Tropfbewässerung durch EG-Verordnung nun auch für Flachlagen gegeben seien. Dabei kommt die rechtliche Regelung, nach der im Ertrag stehende Rebflächen zur Steigerung der Qualität beregnet werden dürfen, wenn die Umweltbedingungen dies rechtfertigen, also Trockenstress vorliegt, den eigentlichen Zielen ‑ nämlich der Qualitätsverbesserung ‑ entgegen. Die Tropfbewässerung sei aus folgenden Gründen besonders sinnvoll:

- Geringer Wasserverbrauch bei sehr effizienter Nutzung durch die Rebe und minimalem Verdunstungsverlust.

- Durch die geringen Wassermengen, die pro Tropfer und Gabe gegeben werden, bleiben eventuell nachfolgende Starkniederschläge ohne negative Folgen, wie z. B. die der Traubenfäulnis.

-  Keine phytosanitären Probleme.

 

Anschließend ging Reuther auf den Aufbau eines Tropfers sowie einer Tropfbewässerungsanlage, Tropfschläuche, Tropferabstände, benötigte Wassermenge sowie Pflege und Wartung ein. Um ein geschlossenes Bewässerungsband unter den Rebzeilen zu erzielen, haben sich im Weinbau Tropferabstände von 50 ‑ 60 cm durchgesetzt. Auf leichten Böden sollten Tropfer mit lediglich 1,6 l/h zum Einsatz kommen, um Sickerwasserbildung zu vermeiden. Gaben von 5 l/m² je Termin, bei je nach Witterung 5- bis 7-tägigem Rhythmus, wurden als sinnvolles Beispiel angeführt.

Über Wasseraufnahme und -verlagerung bei Weinbergsböden - Natürlicher Niederschlag und Tropfbewässerung im Spiegel von c-probe Messdaten referierte Rupp, D., Weinsberg. Bei der Bewertung von Bodenpflegesystemen kommt dem Bodenwasserhaushalt große Bedeutung zu. Sowohl beim natürlichen Niederschlag als auch beim Einsatz der unterschiedlichen Bewässerungsverfahren haben Infiltration und Wasserbewegung im Boden Auswirkungen auf die Wasserbevorratung im Weinbergsboden. Die Untersuchung von Wassertransportprozessen im Boden ist methodisch aufwändig. Seit einigen Jahren sind Messsysteme am Markt, die quasi zerstörungsfreie und kontinuierliche Messungen ermöglichen. Ähnlich wie die TDR- und FDR-Sonden nutzt das c-probe System die deutlich verschiedenen Dielektrizitätskonstanten von Wasser und Luft. In Abhängigkeit vom Wasserfüllungsgrad des Bodens verändert sich die Kapazitätsleistung des als Kondensator wirkenden Messelements. Werden mehrere Messelemente übereinander in den Boden eingebracht, lässt sich im Zusammenwirken mit geeigneten Datenübertragungssystemen die Feuchteentwicklung in einem Bodenprofil bei hoher zeitlicher Auflösung darstellen.

 

Im Versuchsbetrieb Burg Wildeck der LVWO Weinsberg ist eine derartige Messstation seit einigen Jahren im Einsatz. Einige typische Messergebnisse, die in der dortigen dauerbegrünten Rebanlage regelmäßig auftraten, wurden exemplarisch vorgestellt. Hierbei zeigten sich die komplexen Verhältnisse von Bodenkörpern. Zum einen folgen die Wassertransportvorgänge dem Potenzialprinzip (Festhalten in Kapillaren, Sickerung aufgrund der Schwerkraft, Evaporation infolge des Sättigungsdefizites) innerhalb des Bodens/der Bodenmatrix. Andererseits ist vor allem bei Starkniederschlägen oder punktuellen Wassergaben der lediglich auf die Schwerkraft beruhende Grobporentransport (Schrumpfrisse, Regenwurmgänge etc.) nicht zu vernachlässigen. Damit wird der Umfang der Infiltration sowie die Geschwindigkeit der Abwärts- und/oder Seitwärtsbewegung des Wassers nicht nur von den Potenzialdifferenzen und hiervon abhängigen hydraulischen Leitfähigkeiten sondern wie erwartet eben auch von dem Makrogefüge des Bodens geprägt. Die vorgestellten Untersuchungen können dazu dienen, die "Regenverdaulichkeit" von Bodenpflegesystemen zu bewerten und die Effizienz von wassersparenden Bewässerungsverfahren zu verbessern.

 

 

Schwab, A., Veitshöchheim, berichtete aus einem Versuch zur Auswirkung einer Tropfbewässerung bzw. Fertigation (Ausbringung von Düngern im Tropfwasser) auf einem leichten Sandboden bei Müller-Thurgau. Im durchschnittlichen Jahr 2001 mit seinen kurzen Trockenperioden in der Reifezeit, waren keine Vorteile durch Zusatzbewässerung bzw. Fertigation nach Reifebeginn zu erzielen. Im extremen Trockenjahr 2003 förderte eine 4-malige Wassergabe die Trauben- und Weinqualität, besonders in den nicht begrünten Versuchsparzellen. Der hefeverwertbare Aminostickstoff wurde 2001 durch die Bewässerung in allen Varianten verringert und deutet auf eine Assimilation zu unerwünschten höhermolekularen Stickstoffverbindungen (Proteinen) hin, die zu Gärproblemen bzw. zu einem höheren Bentonitbedarf führten. Im extremen Trockenjahr 2003 wurde der hefeverwertbare Aminostickstoff durch die mehrmalige Zusatzbewässerung um durchschnittlich 8 % gesteigert, erreichte aber in den dauerbegrünten Parzellen kein für eine zügige und vollständige Vergärung ausreichendes Niveau. 2003 konnte selbst mit einer 4-maligen Betropfung die wasserzehrende und qualitätsmindernde Wirkung einer Dauerbegrünung nicht ausgeglichen werden. Auch bei Tropfbewässerung ist nach Ansicht von Schwab deshalb ein standortangepasstes und jahresspezifisches Qualitätsmanagement notwendig, um die Traubenqualität zu verbessern. Wie seine Erfahrungen aus 2003 zeigen, kann eine gezielte Ausdünnung zu Reifebeginn selbst in extremen Trockenjahren für die Traubenqualität erfolgreicher sein als eine Zusatzbewässerung. Bei Neu- und Junganlagen auf durchlässigen oder flachgründigen Böden verbessert eine Tropfbewässerung die Wurzel und Stockentwicklung und begünstigt somit die Langlebigkeit der Rebanlage.

 

Prior, B., Oppenheim, stellte erste Versuchsergebnisse zur Tropfbewässerung aus dem Anbaugebiet Rheinhessen vor. In einer ab Ende Juli 2003 mit 20, 40, 60 sowie 80 l je Rebe bewässerten Rieslinganlage, trat keine Ertragsbeeinflussung, jedoch bis zu 9° Oechsle höhere Mostgewichte auf. Ähnlich wie bei Schwab konnte auch in diesem Versuch keine erhöhte Aminosäureeinlagerung durch Tropfbewässerung nachgewiesen werden. Dies zeigt, dass eine Bewässerung jahrgangsbedingte Witterungsunterschiede nur begrenzt ausgleichen kann. Ein eindeutiger Einfluss der Bewässerung auf die sensorische Ausprägung, die Qualitätsbeurteilung und das Alterungspotenzial war auch im Trockenjahr 2003 nicht erkennbar. Im Jahr 2004 führte die Zusatzbewässerung zu erheblicher Ertragssteigerung bei jedoch gleichbleibenden Mostgewichten.

Zusammenfassend stellte Prior fest: Die Wasseraufnahme und die Nutzung des vorhandenen Bodenwassers ist stark vom Alter der Reben und der dadurch bedingten Wurzeldichte und -verteilung abhängig. Deshalb ist die Beurteilung der Bewässerungswürdigkeit anhand punktueller Bodenfeuchtebestimmungen sehr unsicher und spiegelt häufig nicht hinreichend den Versorgungszustand der Rebe wider. Durch frühmorgendliche Blattwasserpotenzialmessungen dagegen kann der Versorgungszustand der Reben sehr genau erfasst werden, ohne zu wissen, mit welcher Intensität und aus welchen Bodenbereichen die Rebe ihr Wasser bezieht. Die Wasserverluste können maßgeblich über ein angepasstes Bodenpflegesystem reduziert werden (Begrünung kurz halten, flache Bearbeitung, Bodenabdeckung). Erst wenn eine an den Standort angepasste Bestandspflege nicht ausreicht, sollte über eine Zusatzbewässerung nachgedacht werden. Diese bedarf im Sinne der Qualitätssicherung einer exakten Steuerung der Terminierung und der Wassermengen. Um Mengensteigerungen zu vermeiden, sollte eine Bewässerung keinesfalls zu früh eingesetzt werden. Unter diesen Bedingungen kann durch eine Bewässerung die Vitalität der Reben und möglicherweise die Weinqualität gesteigert sowie die Ertragsleistung gesichert werden, schloss Prior.

 

Ökosystem, Biodiversität, pflanzenschützerische Aspekte

 

Über Begleitpflanzen und Phytoplasmenprobleme in Württemberg berichteten Stark-Urnau, M. und Kast, W.

Beginnend ab 2003 wurden in Württemberg erste Symptome der Schwarzholzkrankheit an Reben in besonders warmen Lagen beobachtet. Als Erreger gelten Phytoplasmen, die sich als Zellparasiten nicht selbst aktiv verbreiten können, keine feste Zellwand besitzen und auf lebendige Wirtszellen angewiesen sind, das Phloem der Pflanzen besiedeln und die darin transportierten Assimilate als Nahrung verwerten. Wirtspflanzen dieser Phytoplasmen können Ackerwinden, die Große Brennnessel, Pfeilkresse oder auch Clematis sein. Als potenzieller Vektor (Überträger) wurde die wärmeliebende Zikade, Hyalesthes obsoletus, identifiziert. Die Zikade nimmt beim Saugen an der Wirtspflanze den Erreger auf und überträgt ihn auf andere Pflanzen ihrer Wirtsart. Durch Suchstiche werden die Erreger auch auf die Rebe übertragen. Der Erreger kann sich in der Zikade vermehren, nicht aber auf die folgende Larvengeneration übertragen werden. Die Tiere infizieren sich nicht an den Reben, sondern nur an ihren Wirtspflanzen. Die Übertragung erfolgt immer von der Begleitflora auf die Rebe, nicht von Rebe zu Rebe. Die Rebblätter verfärben sich gelblich, bei Rotweinsorten rötlich und an den erkrankten Trieben verdorren oder verrieseln die Gescheine. Typisch ist, dass oft nur segmentartig an Teilen des Stockes Symptome auftreten. Betroffene Triebe verholzen während der Vegetationszeit schlecht, bleiben teilweise grün und sterben im folgenden Winter ab, so dass sie sich schwarz verfärben. Untersuchungen von Blattproben mittels PCR an der BBA Bernkastel-Kues deuten auf Phytoplasmen der Stolbur-Gruppe vom Brennnessel-Typ hin. Dieser Typ verursacht bei der Rebsorte Lemberger und vielen neuen Sorten mit Lembergererbgut (insbesondere Zweigelt-Rebe) wesentlich größere Schäden als der bisher in Deutschland vorkommende Windentyp. Oft treiben die befallenen Rebstöcke im Folgejahr nur noch aus dem Rebstamm aus.

 

Seit 2003 hat sich die Krankheit in einer warmen Terrassenlage, bestockt mit der Sorte Lemberger, rasant ausgebreitet und 2005 fast 50 % der Stöcke erreicht. Im Jahr 2005 wurden die Krankheitssymptome bereits auf einer großen Zahl von Rebflächen im württembergischen Unterland, aber auch im Stuttgarter Raum beobachtet. Dabei sind häufig einzelne Stöcke, in Einzelfällen teilweise aber bis hin zu 40 % der Anlagen betroffen. Wenig befallen werden die Sorten der Burgunder-Gruppe. Deutlich häufiger findet man Symptome auch bei der Sorte Weißer Riesling.

 

Als potenzielle Maßnahmen gegen die Krankheit werden die gezielte Begrünung

oder Übersaat mit Nicht-Wirtspflanzen genannt. Auch die mechanische Entfernung der Brennesselhorste vor der Frostperiode, um die an den Wurzeln der Brennesseln lebenden Larven zu schädigen scheint erfolgversprechend. Nicht beeinträchtigt werden sollte die Wirtspflanze Brennnessel dagegen während der Hauptflugphase der Überträger im Juni, da sonst eine besonders intensive Suche und damit Übertragung der Krankheit auf die Rebstöcke vermutet wird.

Bei der anschließenden Poster-Vorstellung zeigte Riedle-Bauer, M., Klosterneuburg,  auf, dass auch im burgenländischen Weinbau die Schwarzholzkrankheit in den letzten Jahren verstärkt aufgetreten ist. Es handelt sich demnach nicht um lokal begrenzte Probleme. Inwieweit die zunehmend günstigeren Klimabedingungen über die Förderung des wärmeliebenden Überträgers das Auftreten der Krankheit begünstigen, muss zunächst eine Vermutung bleiben.

 

Zusammenfassung

 

Das Kolloquium bot mit seinen breiten und aktuellen Themenbereichen eine ideale Plattform für den Wissenstransfer zwischen den Versuchsanstellern, aber auch für die Praxis. Die Begriffe Begrünungsmanagement, Klimawandel und bodenmikrobiologische Aspekte weisen darauf hin, dass  eine angepasste Vorgehensweise samt Eingriff in die Begrünung angesagt ist. Der Themenbereich Nährstoffversorgung, Humushaushalt, N‑Dynamik, Blattdüngung stellt den unmittelbaren Einfluss der Maßnahmen auf die Versorgung der Reben und damit die Weinqualität her. Der 3. Themenblock Sicherung der Weinqualität, Wasserhaushalt, Tropfbewässerung befasste sich schließlich mit dem hoch aktuellen Thema Begrünung und Wasserhaushalt sowie Einfluss auf die Weinqualität. Die vorgetragenen, recht unterschiedlichen Ergebnisse, zeigen auf, dass hier noch erheblicher Forschungsbedarf besteht, aber auch "die Bäume nicht in den Himmel wachsen dürften".

Wenn auch das zuletzt behandelte Thema Schwarzholzkrankheit nur indirekt etwas mit Begrünung zu tun hat, so kann doch über eine "Bewuchssteuerung", d. h. zum Beispiel Zurückdrängung von Brennnesseln, ein Ansatz zur Minderung der Überträgerorganismen bestehen. Inwieweit sich die Vermutung bestätigt, dass das Auftreten des wärmeliebenden Überträgers dem Klimawandel zuzuschreiben ist, muss offen bleiben.

 

Den gesamten Tagungsband können Sie als PDF-Datei hier herunterladen

 

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