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Agrarforschung
Züchterische Verbesserung der Anbau- und Markteignung  der ölreichen Lupine (Lupinus mutabilis)

Landessaatzuchtanstalt, Universität Hohenheim
E. Weißmann, J. Bayer und E. v Kittlitz                                                 
April 1992 - März 1995

Problemstellung

Die ölhaltige Andenlupine hat gegenüber den hier einheimischen Lupinenarten die höchsten Öl- und Eiweißgehalte (Öl 18, Eiweiß 48 %). Sie ist hierin der Sojabohne vergleichbar. Die ursprünglichen Formen produzieren darüber hinaus Alkaloide, ähnlich z.B. L. albus und luteus, die bei Verwendung in der Pharmakologie und in der Phytomedizin an Bedeutung gewinnen können. Alkaloidarme Formen können in der menschlichen Ernährung und in der Fütterung verwendet werden. Während ihrer jahrhundertelangen Kultivierung durch die Indianer der Andenstaaten, sind entsprechende Kulturartenmerkmale ausgeprägt worden, z.B. Platzfestigkeit der Hülsen und fehlende Keimruhe.

Sie ist jedoch durch ihre Herkunft aus den südamerikanischen Anden und die dort übliche Nutzung in zeitlich gestaffelter Handbeerntung nicht ausreichend adaptiert an unsere Klima- und Anbaubedingungen. Dies äußert sich in erster Linie in einer späten und unregelmäßigen Abreife, wo Haupt- und Nebensprossen höherer Ordnung unter Umständen mit großer zeitlicher Verzögerung blühen und reifen. Die Ertragsleistungen sind daher unter unseren Produktions- und Klimaverhältnissen noch nicht ausreichend. Das zu lösende Problem ist hier also, die vorteilhafte Kombination von Inhaltsstoffen mit einem an unsere Verhältnisse angepaßten Pflanzentyp zu verbinden und dabei das Ertragspotential zu verbessern.

Ziel

Ziel des vorliegenden Projektes war es, aufbauend auf einem umfangreichen Ausgangsmaterial aus dem vorhergehenden Projekt (Az: 23-89.21 MLR; Veröffentlicht im Forschungsreport V - 1994), die Variabilität agronomisch wichtiger Merkmale zu erfassen und die züchterischen Perspektiven für eine Verbesserung der Anbau- und Markteignung der ölreichen Lupine zu ermitteln. Darüber hinaus sollten blühbiologische Untersuchungen zur Aufklärung zuchtmethodischer Fragen beitragen. (Zuchtmethode = Optimale Nutzung der genetischen Variabilität in landw. Sorten.)

Untersuchungsmethoden

1. Feldversuche

Diese Versuche wurden als Drillversuche mehrortig in einer 2-Satz-Gitteranlage angebaut. Deren statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe eines Rechenprogrammes von F. Utz, Universität Hohenheim.

Folgende Merkmale sind erfaßt worden:

Wuchshöhe 1/cm: von der Bodenoberfläche bis zur Sproßspitze des Haupttriebes
Wuchshöhe 2/cm: Bestandeshöhe (die Nebentriebe überwachsen den Haupttrieb!)

Reife, am Stichtag:

 

1 = ganze Pflanze reif;

 

5 = Haupttrieb reif, Nebentriebe grün,

 

9 = ganze Pflanze grün

Samenertrag dt/ha; Proteingehalt %, Ölgehalt %; Proteinertrag dt/ha, Ölertrag dt/ha; Öl- und Proteingehalt %, Öl- und Proteinertrag dt/ha und TKG in g.

2. Einzelpflanzenuntersuchungen

Diese Untersuchungen wurden an je 10 EP pro Drillparzelle durchgeführt. Ermittelt wurden die Wurzelmasse, die vegetative und die generative Masse (Samenertrag) an Haupt- und Nebentrieben sowie der Harvest-Index.

3. Inhaltsstoffanalysen

Die Öl- und Eiweißgehalte sind mit Hilfe der NIRS (Nah-Infrarot-Reflexions-Spektroskopie) ermittelt worden. Die Eichung des Gerätes erfolgte an Basismaterial des Projektes. Der Alkaloidgehalt wurde mit einer halbquantitativen Methode nach Plarre und Schneidenreiter zunächst am Preßsaft der grünen Pflanze festgestellt. Der Test ist dann auch für die Untersuchung trockener Samen weiterentwickelt und bei der Selektion eingesetzt worden.

Ergebnisse

1. Ertrag und Ertragsstruktur

Wie die Versuchsmittelwerte von drei Versuchen 1992 in Hohebuch mit insgesamt 75 Nachkommenschaften zeigen (17,0, 16,4 und 16,7 dt/ha), ist das Ertragsniveau von L.mutabilis noch gering. Die Erträge von Lupinus albus lagen in diesem Jahr bei ca. 45 dt/ha. Zwischen den geprüften Linien gab es allerdings deutliche Unterschiede, die von 7,8 dt/ha bis 20,9 dt/ha reichten. Untersuchungen in einem Saatstärkeexperiment 1993 und 1994 brachten 12,8 und 9,6 dt/ha im Versuchsdurchschnitt. Die Saatstärke hatte keine signifikante Auswirkung auf die Erträge; bei 20, 30, 40 und 50 keimfähigen Körnern/m2 wurden etwa dieselben Erträge erzielt. Eine Reduktion der Aussaatstärke von 50 auf 20 kf. Kö/m2 blieb danach ohne nachteilige Wirkung.

Eine Untersuchung an Einzelpflanzen (je 10 EP pro Parzelle) aus dem Saatstärkeversuch an 2 Orten ergab, daß der Einfluß der Genotypen und der Saatstärken auf der Ausbildung von Wurzelmasse, die vegetative und die generative Masse an Haupt- und Nebentrieben vergleichsweise gering waren, während insbesondere die Ausbildung der vegetativen Masse an Haupt- und Nebentrieben am Ort Bohlingen gegenüber Hohebuch stark gefördert war. Der Harvest-Index, also der Anteil der Kornmasse an der Gesamtpflanzenmasse, war dementsprechend in Hohebuch deutlich höher (0,29 gegenüber 0,1 in Bohlingen). Der Harvest-Index ist jedoch - wie diese Ergebnisse zeigen - insgesamt noch sehr niedrig. Wegen der hohen Massebildung in Bohlingen konnte der Versuch nicht maschinell geerntet werden, d.h. der Bestand wurde nicht reif.

2. Inhaltsstoffe

Der Mittelwert aller Eiweißgehalte lag bei 41,3 %, für den Ölgehalt wurden 16,6 % ermittelt, die Öl- und Eiweißgehalte zusammengenommen lagen im Mittel bei 57,9 %. Das umfangreiche Zuchtmaterial wies in allen drei Merkmalen eine breite Variation auf, beim Eiweißgehalt von 39 - 45 %, beim Ölgehalt von 13,9 - 21,2 % und für den Gesamtgehalt (Öl- und Protein) von 53,1 - 62,1 %. Diese Ergebnisse stammen aus einer Untersuchung von 1994 an 1200 Nachkommenschaften. Der Einfluß der Jahre auf die Gehalte von Öl und Eiweiß war beträchtlich, wie die Untersuchung einer nicht auf Öl- und Eiweißgehalte selektierten Population in den Jahren 1992, 1993 und 1994 zeigte. Danach waren Eiweiß- und Ölgehalte negativ korreliert, d.h. in den Jahren mit hohen Eiweißgehalten 1992 und 1994 lagen die Werte für den Ölgehalt deutlich niedriger als 1993 (1992 und 1994 14,4 und 14,1 %; 1993 17,9 %). Die entsprechenden Eiweißgehalte lagen 1992 und 1994 bei 45 % und 46 %; 1993 bei 40 %). Eine qualitative Bewertung des Alkaloidgehaltes wurde 1992 an 15 000, 1993 an 17 000 und 1994 an 22 500 Einzelpflanzen auf dem Feld vorgenommen. Das Zuchtmaterial konnte auf diese Weise in alkaloidreiche und alkaloidarme Population getrennt werden.

3. Vegetationsbeobachtungen:

Die Abreife des Materials ist als ein besonders wichtiges Kriterium der Adaptation der ölreichen Lupine zu werten. Sie wurde bei der Selektion auf zwei verschiedene Weisen erfaßt:

a) Abreifebonitur (vgl. dazu Abschnitt Untersuchungsmethoden). die Reifebonituren lagen zwischen den Noten 1 und 9, wobei zwischen den verschiedenen Populationen Unterschiede auftraten. Über alle Genotypen hinweg wurde eine durchschnittliche Bewertung der Reife (am Stichtag) von 7,2 ermittelt. Davon abweichend war der Mittelwert der "frühesten" Population 6,1 und der der spätesten 8,3. Diese Mittelwerte zeigen, unabhängig von der Beurteilung einzelner Nachkommenschaften, daß die Selektionsbasis für Frühreife noch sehr eingeschränkt ist.

b) Wuchshöhendifferenz zwischen Haupttrieb und Bestandeshöhe. Diese Messungen wurden unternommen, um ein quantitatives Maß für das Abreifeverhalten zu bekommen. Es ist dabei davon ausgegangen worden, daß die Wuchshöhendifferenz zwischen Haupttrieblänge und Bestandeshöhe als Reifeverzögerung zwischen Haupt- und Nebentrieben gewertet werden kann. Zwischen Wuchshöhe des Haupttriebes, der Bestandesdichte und der Reife bestanden zwar bei einigen Zuchtpopulationen positive, bei anderen jedoch negative Korrelationen. Die Korrelationen in beide Richtungen waren jedoch nur schwach ausgebildet. Ein Zusammenhang zwischen der Wuchshöhendifferenz zwischen Haupttrieb und Bestandeshöhe sowie Reifezeit konnte in unserem Material also nicht nachgewiesen werden.

Konsequenzen für die Praxis

In der vorliegenden Untersuchung konnten einige für die weitere, züchterische Bearbeitung von Lupinus mutabilis wichtige Fragen geklärt werden. So hat sich gezeigt, daß eine frühere und vor allem gleichmäßigere Abreife entscheidend für eine Nutzung der Art als Körnerleguminose ist. Hier sind jedoch noch erhebliche, züchterische Verbesserungen notwendig. Durch Einkreuzung neuer, im Projekt selektierter Mutantengenotypen kann die genetische Basis für die Selektion frühreifen Materials verbreitert werden. Das Schwergewicht der züchterischen Bearbeitung muß zunächst hier liegen. Eine Erhöhung des Ertragspotentials ist erst mit gleichmäßig abreifendem Material sinnvoll, wobei die gesamte Biomasseproduktion von L.mutabilis noch genügend Spielraum für eine Verbesserung des Harvest-Indexes zugunsten der Kornmasse läßt. Die Ölgehalte sind in dem von uns untersuchten Material hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Variation im Zuchtmaterial läßt jedoch eine Selektion auf höhere Ölgehalte aussichtsreich erscheinen.

Die Perspektiven für einen zukünftigen Markt für Lupinus mutabilis sind noch nicht so deutlich wie wünschenswert. Ein von der EG gefördertes Projekt zur Fraktionierung von Inhaltsstoffen bei Lupinen ist zwar wegen der Möglichkeit höherer Wertschätzung durch industrielle Verwertung der Inhaltsstoffe als ein interessanter Ansatz zu beurteilen, ein entsprechendes Engagement der pharmazeutischen und/oder der phytomedizinischen Industrie für die bei der Fraktionierung zu gewinnenden Alkaloide, hat sich bisher jedoch noch nicht gezeigt. Eine von der EU geförderte Pilotanlage soll Rohstoffe in größerer Menge für entsprechende Versuchsprogramme der Industrie liefern.

Literaturhinweis: Abschlußbericht vom 2.5.1995

Fördernde Institution: MLR

Förderkennzeichen:   23 - 92 . 8


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