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Agrarforschung

Veränderung der Unkrautflora während und nach der Umstellung vom
konventionellen zum ökologischen Landbau

Universität Hohenheim, Institut für Phytomedizin
Bärbel Becker und Prof. Dr. K. Hurle
August 1995 bis September 1997

Problemstellung

Die Umstellung von konventioneller auf ökologische Wirtschaftsweise ist mit Veränderungen der Bewirtschaftungsmaßnahmen verbunden. In der Regel sinkt die Nährstoffversorgung, die Kulturen entwickeln sich schwächer, es steht mehr Licht für die Unkräuter zur Verfügung. Gleichzeitig ist die Unkrautregulierung weniger effizient als vor der Umstellung. Somit verschiebt sich die Konkurrenzsituation zwischen Kultur und Unkraut sowie zwischen den Unkrautarten selbst, der Unkrautdruck steigt an. Um dem entgegenzuwirken, erwächst für die Praxis die Notwendigkeit eine richtlinienkonforme, jedoch wirksame Unkrautregulierung durchzuführen. Die zur Verfügung stehenden Maßnahmen sind im wesentlichen die Fruchtfolge, die Düngung, die Grundbodenbearbeitung sowie mechanische Maßnahmen in der Kultur. In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, wie sich bestimmte Fruchtfolgen während der Umstellung auf die Unkrautflora auswirken, und wie das Unkrautmanagement möglichst effizient gestaltet werden kann

Allgemein wird davon ausgegangen, daß sich unter ökologischer Wirtschaftsweise eine artenreiche Unkrautflora mit seltenen Arten entwickelt. Offen ist, in welchem Maße dies der Fall ist und falls ja, wie lange es dauert bis sich eine typische Unkrautflora einstellt.

Ziel

Ziel des Projektes war es, die Wirkung verschiedener Fruchtfolgen und der Stickstoffversorgung auf die Unkrautflora zu untersuchen und der Frage nachzugehen, wie sich die Unkrautflora unter dem Einfluß der ökologischen Wirtschaftsweise während und nach der Umstellung verändert.

Untersuchungsmethode

In Kleinhohenheim (Betriebsteil der Versuchsstation für Nutztierbiologie und ökologischen Landbau; AGÖL-Anerkennung 1996) wurde die Unkrautflora während und ein Jahr nach der Umstellung untersucht. Außerdem wurden zwei Feldversuche mit verschiedenen Umstellungs-Fruchtfolgen angelegt. In einem Versuch wurden zusätzlich verschiedene Stickstoff-Düngestufen angelegt. Die Auswertung erfolgte durch wiederholte Erhebung der Pflanzendichte und Ertragsbestimmung.

Um die Auswirkungen der ökologischen Wirtschaftsweise auf die Unkrautflora zu erfassen, wurden 1996 und 1997 Vegetationsaufnahmen auf 48 bzw. 164 Getreidefeldern durchgeführt, die zum Untersuchungszeitpunkt zwischen einem und 25 Jahren ökologisch bewirtschaftet wurden. Hierfür wurde das Artenspektrum und der Deckungsgrad der Kultur und des Unkrautes sowie der Anteil der dominierenden Unkrautarten am Unkrautdeckungsgrad erfaßt.

Ergebnis

1. Feldversuch

Nach der zweijährigen Umstellungsphase wurden die Varianten gleich behandelt (Grubber, Kreiselegge) und die Pflanzendichte im Herbst sowie im Frühjahr ermittelt. Die Variante 'Kleegras-Kartoffel' unterdrückte das Unkraut am effizientesten. Es folgten 'Kleegras-Winterweizen' und 'Sommergerste-Hafer' mit einer um den Faktor 1,4 erhöhten Unkrautdichte. In der Variante 'Selbstbegrünung', die als Kontrolle diente, war die Unkrautdichte 5,5 mal so hoch wie in der Variante 'Kleegras-Kartoffel'. Im Hinblick auf den Ertrag waren Kartoffel und Kleegras die günstigsten Vorfrüchte.

Erhöhte Stickstoffdüngung förderte den Ertrag; die Wirkung auf die Unkrautdichte war uneinheitlich.

2. Umstellungsbetrieb Kleinhohenheim

Die Untersuchungen ergaben, daß auch im dritten Jahr nach Beginn der Umstellung noch viele nitrophile Arten angetroffen werden. In hoher Stetigkeit zu finden sind Atriplex patula (86 %), Chenopodium album (100 %), Galium aparine (100 %) und Stellaria media (100 %). Diese Arten haben sich in der Phase intensiver konventioneller Wirtschaftsweise etabliert, finden jedoch trotz der nun praktizierten ökologischen Wirtschaftsweise immer noch gute Lebensbedingungen vor. Parallel dazu wurden Unkräuter, die für den ökologischen Landbau typisch sind häufiger angetroffen als in den vorangehenden Jahren. Dies waren verschiedene Wickenarten, wie z.B. Vicia hirsuta und Vicia tetraspermum, weiterhin Cirsium arvense und, bedingt durch den in größerem Umfang betriebenen Futterbau, Durchwuchs von Kleegras. Arten aus angesäten Wildblumenmischungen (Centaurea cyanus, Malva spp.) traten vereinzelt auf, konnten sich jedoch nicht etablieren. Die Artenzahl pro Feld lag zwischen 25 und 42 (1996) bzw. 25 und 47 (1997). Insgesamt wurden auf dem Betrieb im Jahr 1996, 1964 und 1997 72 Arten gefunden.

3. Vegetationsaufnahmen in ökologisch wirtschaftenden Betrieben

Die Ergebnisse des Jahres 1997 zeigten, daß sich das Artenspektrum auf Umstellungsflächen und mittel- bzw. langfristig ökologisch bewirtschafteten Feldern kaum unterscheidet. Die mittlere Artenzahl pro Feld schwankte zwischen 21 und 52. Auf kurz- und mittelfristig ökologisch bewirtschafteten Feldern wurden durchschnittlich 34, auf langfristig ökologisch bewirtschafteten Feldern 35 Arten gefunden. Der Unkrautdeckungsgrad stieg von 20 % bei Umstellungsflächen auf 30 % bei langfristig ökologisch bewirtschafteten Flächen. Einige Arten wurden durch die ökologische Bewirtschaftung gefördert, z.B. Consolida regalis, Vicia hirsuta und V. tetraspermum; Andere gingen zurück, wie z.B. Agropyron repens und Chenopodium album. Bezüglich des Vorkommens seltener und gefährdeter Arten konnte kein Zusammenhang mit der Dauer der ökologischen Bewirtschaftung festgestellt werden.

Konsequenz für die Praxis

Aus den Ergebnissen des Feldversuches kann abgeleitet werden, daß Kleegras und Kartoffel auch in der Umstellung gute Vorfrüchte sind, wobei die Kartoffel im ersten Jahr nur geringe Erträge erzielt. Die Fruchtfolge 'Kleegras-Kartoffel' war bezüglich Unkrautunterdrückung die effizienteste, brachte gute Kartoffelerträge und dürfte als Umstellungsfruchtfolge gut geeignet sein. Bei wiederholtem Anbau von Winterungen werden Gräser in starkem Maße gefördert.

Die Vegetationsaufnahmen auf den Betrieben ergaben, daß der Beitrag des ertragsorientiert ökologisch wirtschaftenden Landbaus zum Erhalt seltener Unkrautarten geringer ist als allgemein angenommen. Daneben der Wirtschaftsweise für das Auftreten seltener Arten der Standort eine entscheidende Rolle spielt, kann der ökologische Landbau nur dort einen Beitrag zum Erhalt seltener Arten leisten, wo es die Standortsbedingungen zulassen.

 

Literatur

  • Zwischenbericht, März, 1997
  • Abschlußbericht, April 1998

 

 

Fördernde Institution
MLR

Förderkennzeichen




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