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Agrarforschung
Prüfung des Anbaus und der Möglichkeiten einer Markteinführung
von neuen Faserpflanzen (Hanf, Kenaf, Miscanthus)

Dr. E. Meister, V. Mediavilla, Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau FAL, Zürich
1996 – 1999

Problemstellung

Während der langen Anbaupause gingen landwirtschaftliches und industrielles Know-how betreffend Faserpflanzen in Europa völlig verloren. Vor gut zehn Jahren entfachte aber das Interesse neu. Landwirtschaft und Industrie des Oberrheins leisteten in der Folge in den 90er Jahren nennenswerte Pionierarbeit mit Faserpflanzen im europäischen Vergleich. Neben agronomischen Faktoren bestimmen zahlreiche andere Elemente den Erfolg der Einführung neuer Faserpflanzen. Zur Zeit werden am Oberrhein über 750 Hektar Faserpflanzen angebaut. Ein richtiger Marktdurchbruch ist bis jetzt aber nicht gelungen.

Ziel

Die Ziele des Vorhabens sind, das fehlende Wissen über den Anbau nachzuholen sowie die Möglichkeiten und die Chancen einer Markteinführung zu untersuchen.

Methode

Die wichtigsten Anbaufragen der Praxis wurden mittels Feldversuchen und unter Berücksichtigung der Literatur untersucht. Die Meinungen und Erfahrungen der Landwirte wurden mit Umfragen ermittelt. Die Prüfung der Möglichkeiten einer Markteinführung wurde mit betriebswirtschaftlichen Berechnungen und einer Marktanalyse erfasst.

Ergebnis

Mit unseren Arbeiten konnte gezeigt werden, dass sich Hanfsorten hinsichtlich Gehalt an psychoaktiven Substanzen (THC), Anteil männlicher Pflanzen und Reifezeit unterscheiden. Der THC-Gehalt der von der Schweiz und Europäischen Union zugelassenen Sorten lag immer deutlich unter dem Grenzwert. Die Wahl der Saatmenge übte einen merklichen Einfluss auf den Hanfbestand aus. Die hohen Ansprüche des Hanfes an Boden und Klima wurden bestätigt. Stengel- und Faserertrag hingen stark von der N-Düngung ab. Nur sehr kleine Mengen von mineralischem Stickstoff waren nach der Ernte im Boden noch vorhanden. In Zusammenarbeit mit der Firma ‚BAFA‘ und mit dem Ziel, die Faserqualität zu sichern, wurde 1997 eine Umfrage bei Hanfanbauern durchgeführt. Demnach bauten 1997 im Baden-Württemberg 115 Landwirte Hanf an. Die gute Unkrautunterdrückungsleistung wurde von fast allen Landwirten betont. Das Hauptproblem des Anbaus wird von den Landwirten in der Erntetechnik gesehen.

Der Hanfanbau ist am Oberrhein außerordentlich gut angepasst. Unkrautbekämpfung und Pflanzenschutz sind völlig überflüssig. Wir empfehlen deshalb für Körnerhanf nicht weniger als 30 und für Faserhanf zwischen 30 und 60 kg pro Hektar zu säen. Eine hohe N-Düngung (über 100 kg N/ha) führt zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Ernte und ist nicht rentabel. Der Hauptteil der N-Gabe ist bei einer Pflanzenhöhe von 20 bis 30 cm zu verabreichen.

Kenaf stammt aus Afrika und ist in Asien und den USA verbreitet. Die in der Praxis häufig angebaute Sorte Tainung 2 schnitt gut ab und ist für den Oberrhein vorzuziehen. Der Wahl der Anbaulage, der Saat und der Pflege muss besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Kenaffasern wiesen gegenüber Hanffasern eine deutlich geringere Festigkeit auf. Ohne drastische Unkrautbekämpfung ist der Kenafanbau unmöglich.

Miscanthus ist eine hochwachsende, perennierende Grasart. In Versuchen wurden Erträge bis über 20 t Trockenmasse/ha gemessen. In der Praxis liegen sie bei 10 bis 15 t. Nicht alle Genotypen sind gleich gut geeignet. Die empfohlene Standdichte beträgt eine Pflanze pro Quadratmeter. Landwirte bauen in der Regel Miscanthus mit den Zielen an, die Stillegung zu nutzen, kein Nitrat zu produzieren und den Anbauaufwand zu minimieren. Das erste Jahr ist für den Anbauerfolg entscheidend. Die Vermarktung bleibt offen.

Für den Anbau von Faserpflanzen werden je nach Land unterschiedliche Prämien ausbezahlt. Ohne Prämien ist die einfache Nutzung von Faserpflanzen nicht konkurrenzfähig. Mit Nebenprodukten sieht das besser aus. Solange der Markt so bleibt, schneiden in der Nordwestschweiz die Doppelnutzungen von Hanf mit ätherischem Öl oder Blüten gut ab. In Baden-Württemberg ist die Doppelnutzung Hanfsamen und -stroh interessant. Im Elsaß erscheint der Miscanthusanbau, aber auch die Doppelnutzung Hanfsamen und -stroh interessant. Die Rentabilität des Kenafanbaus ist nirgends gegeben. Bei einer Doppelnutzung ist der Anbau von Hanf in allen Ländern interessant.

Bei der Marktanalyse in der Schweiz wurde festgestellt, dass Miscanthus tendenziell für Produkte geringerer Wertschöpfung wie Dämmstoffe, Lehmbau, Torfersatzprodukte und Low-Tech-Kunststoffe bevorzugt wird. Für Kenaf bestand kein Marktpotential. Zur Zeit werden allgemein vor allem Produkte geringer Wertschöpfung produziert. Das Fehlen der nötigen Infrastruktur für den Faseraufschluss stellt in der Nordwestschweiz das wichtigste Hemmnis dar. Die Entwicklung und Markteinführung kann stark unterstützt werden durch die Veränderung bestimmter Rahmenbedingungen.

Gemäss neuen Studien besteht in Deutschland für Flachs kein größeres Potential. Nichtsdestotrotz gibt es in Deutschland sechs Faseraufschlussanlagen für Hanf und Flachs. Für Hanf ist das Marktpotential aber größer. Nur in Baden-Württemberg werden jährlich 400 ha Hanf verarbeitet. Dämmstoffe und Verbundwerkstoffe für die Automobilindustrie werden zur Zeit daraus produziert. Für Hanf-Nebenprodukte wie Schäben und Samen besteht ein lukrativer Absatz.

In der Nordwestschweiz und in Baden-Württem-berg wird das Marktpotential für Faserprodukte vermutlich weiterhin zunehmen. Das Marktpotential für Miscanthus hingegen ist in Baden-Württemberg noch bescheiden. Für Kenaf soll es zur Zeit kein Potential geben.

Konsequenzen für die Praxis

Die Zusammenarbeit mit dem Elsaß soll verbessert werden. Miscanthus und Hanf können umweltschonend angebaut werden. Doppelnutzung von Hanf und Qualitätssicherung der Fasern sind noch zu erforschen. Informationen zu den technischen Eigenschaften sowie Öffentlichkeitsarbeit sind nötig. Die Koordination von Anbau, Verarbeitung und Handel ist besser zu gestalten. Die integrierte Entwicklung von neuen Produkten und die Zertifizierung werden zunehmend eine wichtige Rolle spielen. Eine Faseraufschlussanlage für die Nordwestschweiz ist nötig.

Literatur
Abschlußbericht 1999

Fördernde Institution
EU, MLR

Förderkennzeichen
ITADA-Projekt-A 3.1


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