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Agrarforschung

Wirksamkeit der vertikalen Mehltauresistenz bei Weizen und Gerste und
Fungizidempfindlichkeit des Weizen- und Gerstenmehltaus

TUM-Weihenstephan; EpiLogic GmbH Agrarbiologische Forschung und Beratung
Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung
F.G. Felsenstein
1991 – April 2001

Problemstellung

Bei Pflanzenschutzmaßnahmen im Getreidebau stellen windverbreitete (luftbürtige) pilzliche Krankheitserreger wie der Echte Mehltau wichtige Zielpathogene dar. Zur Reduzierung des Befalls sind

  • der Anbau krankheitsresistenter Sorten, und
  • den Einsatz möglichst wirksamer Fungizide

die tragenden Säulen im integrierten Anbausystem einer um Nachhaltigkeit bemühten Agrarwirtschaft. Zudem gibt der Gesetzgeber Richtlinien für die Landbewirtschaftung vor, um den Schutz der Umwelt und des Menschen zu gewährleisten. Er rückt ausdrücklich den Integrierten Pflanzenschutz in den Mittelpunkt der Maßnahmen.

Ein sehr großes Problem stellt allerdings das hohe Anpassungspotential der Erreger an die entsprechenden Maßnahmen dar. Die Übertragung der Pathogene mit dem Wind erhöht zusätzlich die Problematik, da sich adaptierte Pathotypen relativ rasch über weite Gebiete ausbreiten können. Es ist deshalb ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Flexibilität erforderlich, um den Erregern stets wirkungsvolle Bekämpfungskonzepte entgegenzusetzen.

Ziele

Eine effiziente Nutzung der unterschiedlichen Resistenzgene und Genkombinationen im verfügbaren Sortiment an Zuchtsorten ebenso wie der Einsatz wirksamer Fungizide setzt voraus, dass man die entsprechenden Virulenz- und Sensitivitätseigenschaften der Krankheitserreger genau kennt. Aufgrund unterschiedlicher regionaler Verhältnisse sind standortspezifische Informationen erforderlich. Ziel der vom MLR im Verbund mit weiteren Bundesländern finanziell unterstützten Untersuchungen ist deshalb die Erarbeitung einer für Anbauberatung und Resistenzzüchtung aussagekräftigen Datenbasis, die den aktuellen Stand der Anpassung wiedergibt. Zudem wird mit dem Datenmaterial aus der zunehmenden Anzahl an Untersuchungsjahren die Dynamik der Anpassung ersichtlich, was eine Abschätzung künftiger Entwicklungen erlaubt.

Untersuchungsmethode

Die Arbeiten gliedern sich in eine

  • Virulenzanalyse und eine
  • Fungizidsensitivitätsanalyse

der regionalen Populationen des jeweiligen Krankheitserregers. Repräsentative Stichproben werden dabei alljährlich mittels einer auf dem Dach eines Fahrzeugs montierten Düsensporenfalle direkt aus der Luft während der Fahrt durch das jeweilige Anbaugebiet gewonnen. Im Labor erfolgt anschließend die Virulenz- und Fungizidsensitivitätsanalyse der Nachkommenschaften der gesammelten Einzelsporen auf Testsortimenten aus Blattmaterial. Die Untersuchungsmethode gewährleistet die sichere Analyse einer hohen Anzahl von Isolaten.

Ergebnisse

Virulenzeigenschaften

Anhand der hier ermittelten Werte (Virulenz-häufigkeiten) lässt sich die Wirksamkeit der Resistenzgene in den verschiedenen Sorten direkt ablesen. Über die Verbreitung der Resistenzgene in den zugelassenen Sorten informiert jährlich die 'Beschreibenden Sortenliste'.

Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist bei einer Virulenzhäufigkeit von

0 - 10 % ein sehr guter bis guter (+++),
10 - 20 % ein noch guter (++), besonders bei hohem Infektionsdruck jedoch bereits etwas abgeschwächter
20 - 50 % ein nur noch mäßiger, allerdings noch merklicher (+)
über 50 % ein nur noch geringer, oftmals kaum mehr feststellbarer (0)

Mehltauschutz zu erwarten.

Fungizidsensitivität

Nachfolgend ist die aktuelle Sensitivitätssituation bei den Krankheitserregern Weizenmehltau und Gerstenmehltau gegenüber den in der Praxis häufig genutzten Wirkstoffen der SBIs (Sterol-Biosynthese-Inhibitoren: Triazole, Morpholine), Strobilurine, dem Chinolin Quinoxyfen und dem Anilinpyrimidin Cyprodinil für die drei Bundesländern RP, BW und BY wiedergegeben.

Bei der Sensitivitätsanpassung bzw. Resistenzselektion von pilzlichen Krankheitserregern an fungizide Wirkstoffe müssen grundsätzlich zwei Varianten unterschieden werden:

Zum einen gibt es die sog. disruptive/qualitative Resistenzbildung ('single-step resistance') . Hier erreicht der Erreger durch eine einzige genetische Veränderung sofort eine so geringe Empfindlichkeit, dass der Wirkstoff in der empfohlenen Aufwandmenge nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt wirkt. Hat ein großer Teil der Erregerpopulation diese Eigenschaft erworben, ist der Wirkstoff im Feld kaum mehr wirksam. So ist bei einer Häufigkeit an resistenten Isolaten in der regionalen Ausgangspopulation von

0 - 10 % ein sehr guter bis guter,
10 - 20 % ein noch guter bis deutlicher, jedoch v.a. bei hohem Infektionsdruck bereits ein eingeschränkter
20 - 50 % ein mäßiger, allerdings noch merklicher,
über 50 % ein nur noch geringer Mehltauschutz zu erwarten.

Ganz anders verläuft hingegen die sog. kontinuierliche/quantitative Sensitivitätsanpassung ('multi-/oli-go-step resistance: "shifting"). Die Erreger können sich dabei nur mittels der Akkumulation mehrerer genetischer Veränderungen ausschließlich schrittweise anpassen. Erste Anpassungsreaktionen bleiben oftmals unbemerkt. Eine durch entsprechende Analysen diagnostizierte Sensitivitätsminderung bedeutet deshalb nicht sofort eine sichtbare Wirkungseinbuße des entsprechenden Präparats im Feldbestand. Vielmehr handelt es sich um eine messbar verminderte Sensitivität des Erregers relativ zu der ursprünglich vorhandenen Wirkstoffempfindlichkeit, welche in erster Linie die Wirkstoffreserven der Präparate angreift und im Feld mit einer sukzessiven Minderung-Verkürzung der effektiven Fungizidwirkung ein-ergeht.

Insgesamt lässt sich die quantitative Sensitivitätsanpassung schwieriger beschreiben und die gewonnenen Daten sind nicht so einfach wie bei der qualitativen Anpassung in die Praxis zu übertragen. Zentrale Maßzahl ist hier die Relation des aktuellen Sensitivitätsniveaus der untersuchten Population zum ursprünglich empfindlichen Niveau, woraus sich der mittlere Resistenzfaktor MRF der Erregerpopulation ableitet.

Um die Umsetzbarkeit der Ergebnisse in die Praxis zu erleichtern, wurde ein Bewertungsschlüsse mit Noten von 1 bis 10 entwickelt. Der Bewertungsschlüssel ist wie folgt unterteilt:

0: keine messbaren Anzeichen einer Resistenzbildung

3: trotz einer messbaren Anpassungsreaktion ist ein noch guter bzw. deutlicher Bekämpfungserfolg zu erwarten; insbesondere die Wirkungsdauer und/oder - bei qualitativer Resistenzbildung - die Bekämpfungssicherheit können jedoch bereits beeinträchtigt sein

4: unter ungünstigen klimatischen Bedingungen, bei fortgeschrittener Durchseuchung des Bestands oder hohem Infektionsdruck ist mit einer deutlicheren Effizienzeinbuße zu rechnen

5: sichtbare bzw. deutlich messbare Einschränkung des Bekämpfungserfolgs, insbesondere bei reduzierten Aufwandmengen

8: deutliche Wirkungseinbußen im Feldbestand auch bei voller Aufwandmenge des Solowirkstoff-Präparats (bei quantitativer Anpassung, s.o.), bis hin zu einem einschneidenden Wirkungsverlust (bei qualitativer Resistenzbildung, s.o.).

10: kein oder nur noch geringer Unterschied zwischen unbehandelt und behandelt

Literatur
Siehe Abschlußbericht




Tabelle 1: Praxisrelevante Einschätzung der Wirksamkeit (von '0' bis '+++') der qualitativen Resistenz-
gene in den 1999 zugelassenen Weizensorten gegenüber dem Weizenmehltau in RP, BW und BY

Resistenzgen

Wirksamkeit

reg. Unterschiede

Bemerkungen

Pm1

+

gering

 

Pm2

0

nein

 

Pm3c

+

gering

 

Pm3d

++

gering

 

Pm4b

0

nein

Jugendresistenz

Pm5

+

nein

Altersresistenz

Pm6

+

nein

Altersresistenz

Pm8

0/(+)

gering

 

Pm9

+

gering

 

MlAx in 'Cadenza

++/+++

gering

 

U in 'Troll'

+++

nein

 

U in 'Cordez'

+/+++

gering

Synergieeffekte

 

Tabelle 2: Praxisrelevante Einschätzung der Wirksamkeit (von '0' bis '+++') der qualitativen Resistenz-gene in den 1999 zugelassenen Gerstensorten gegenüber dem Gestenmehltau in RP, BW und BY

Resistenzgen

Wirksamkeit

reg. Unterschiede

Bemerkungen

Mla1

++/+++

gering

z.Z. keine Sorte

Mla3

+/++/+++

vorhanden

 

Mla6

0

nein

 

Mla7

0

nein

 

Mla9

+/++

gering

z.Z. keine Sorte

Mla12

0/+

vorhanden

 

Mla13

+/++/+++

vorhanden

 

MlLa

+/(0)

nein

 

Mlg

0

nein

 

Mla

 

 

 

Ml(St)

0/+/(++)

gering

 

U (We) in 'Scarlett'

+/++

vorhanden

 

U in 'Baccara'

+++

gering

 

U in 'Meltan

++/+++

gering

 

mlo

+++

nein

sehr dauerhaft

 

Tabelle 3: Praxisrelevante Einschätzung der Sensitivitätssituation beim Weizenmehltau für die süddeutschen Bundesländer RP, BW und BY; Bewertungsschlüssel 0 bis 10 (s.o.)

Wirkstoff

Solopräparat

Bewertung von Anpassung/ Resistenzbildung

Azole:

 

 

Triadimenol

Bayfidan

6

Propiconazol 

Desmel

5

Tebuconazol 

Folicur

4

Cyproconazol 

Alto 100

3/4

Epoxiconazol 

Opus

4/5

Morpholine/Piperidine/Spiroketalamine:

 

 

Tridemorph 

Calixin

0

Fenpropimorph 

Corbel

3/4

Fenpropidin 

Zenit M

3

Spiroxamine 

Impulse

3

Strobilurine:

 

 

Kresoximmethyl

(Juwel Top)

0 - 7 starke regionale Unterschiede

Azoxystrobin

Amistar

0 - 7 starke regionale Unterschiede

Trifloxystrobin

(Flint)

0 - 7 starke regionale Unterschiede

Chinoline:

 

 

Quinoxyfen

(Fortress top)

0

Anilinpyrimidine:

 

 

Cyprodinil

Unix

0

 

Tabelle 4: Praxisrelevante Einschätzung der Sensitivitätssituation beim Gerstenmehltau für die süddeutschen Bundesländer RP, BW und BY; Bewertungsschlüssel 0 bis 10 (s.o.)

Wirkstoff

Solopräparat

Bewertung von Anpassung/Resistenzbildung

Azole:

 

 

Triadimenol

Baytan
Bayfidan

Saatgutbehandlung 5 - 9
Blattbehandlung 5 - 8

Propiconazol 

Desmel

4 - 6

Tebuconazol 

Folicur

4 - 5

Cyproconazol 

Alto 100

4/5

Epoxiconazol 

Opus

4 - 6

Morpholine/Piperidine/Spiroketalamine:

 

 

Tridemorph 

Calixin

0

Fenpropimorph 

Corbel

1 - 3

Fenpropidin 

Zenit M

1 - 2

Spiroxamine 

Impulse

 

Strobilurine:

 

 

Kresoximmethyl

(Juwel Top)

0

Azoxystrobin

Amistar

0

Trifloxystrobin

(Flint)

0

Chinoline:

 

 

Quinoxyfen

(Fortress top)

0

Anilinpyrimidine:

 

 

Cyprodinil

Unix

0

 

 

 

 

 

Fördernde Institution
MLR

Förderkennzeichen
23-91.2




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