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Forschungsreport
Phytopathogene Bakterien an Zwetschenbäumen

Förderkennzeichen: MLR 0180E

Dr. Georg Meinert
Landesanstalt für Pflanzenschutz
01.04.2000 bis 15.06.2003

Kurzfassung:
Problemstellung:

Seit einigen Jahren treten in Baden-Württemberg verstärkt Absterberscheinungen an Zwetschenbäumen auf, die unter dem Namen "Zwetschensterben" in der Praxis bekannt sind. Sie führen zu enormen wirtschaftlichen Schäden für den Anbauer. Die baden-württembergischen Vermarktungsorganisationen verlieren Märkte, da es mittlerweile zu großen und jährlich steigenden Ertragsausfällen kommt. Es ist daher dringend notwendig, den Schaderreger zu identifizieren, seine Biologie aufzuklären und auf Basis epidemiologischer Daten Abwehrstrategien zu entwickeln. Diese sollten in einem integrierten Ansatz nicht nur den chemischen, sondern auch den biologischen Pflanzenschutz, die Sorten- und Unterlagenwahl sowie die Produktionstechnik umfassen.

Ziel:

Im Hinblick auf die Entwicklung von Vermeidungsstrategien sind zunächst potentielle Schaderreger zu isolieren und als Schadursache zu identifizieren. Weiterführende Untersuchungen zur Epidemiologie in Zwetschenbeständen erlauben die Entwicklung von Abwehrmaßnahmen, die vor ihrer Empfehlung für die Praxis in Gewächshaus- und Freilandversuchen auf ihre Wirksamkeit untersucht werden. Durch Umsetzung der im Rahmen dieses Projekts entwickelten Maßnahmen gegen die Ursache des Zwetschensterbens soll ein weiterer wirtschaftlicher Schaden verhindert werden.

Untersuchungsmethode:

Die Identifizierung von Schaderregern erfolgte durch die Erfüllung der Koch'schen Postulate, die auch einen Pathogenitätstest umfassen.

Im Labor und Gewächshaus wurden Untersuchungen zur Biologie der Schaderreger (Wachstumsgeschwindigkeit bei unterschiedlichen Umweltbedingungen; Aufklärung des Infektionsweges bei Zwetschen) durchgeführt und durch Erhebungen im Freiland verifiziert.

In Labor-, Gewächshaus- und Freilanduntersuchungen wurden zum einen verschiedene chemische und biologische Pflanzenschutzmittel bzw. Pflanzenstärkungsmittel auf ihre Wirkung geprüft und zum anderen die Anfälligkeit verschiedener Sorten-Unterlagen-Kombinationen ermittelt.

Ergebnis:

In den meisten Anlagen mit absterbenden Zwetschenbäumen konnte Pseudomonas syringae als Schadursache identifiziert werden. In weniger als 5 % der Anlagen wurde an Bäumen das sogenannte "Schlagfluss"-Symptom festgestellt. Hier wurden Bakterien isoliert, die zur Gattung Erwinia gerechnet werden, aber bisher nicht näher bestimmbar sind. Allerdings ist für diese Bakterien der Pathogenitätstest als essentieller Teil zur Erfüllung der Koch'schen Postulate noch nicht erbracht.

P. syringae vermehrt sich schon bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, wobei sich die Pathovar Syringae bei allen Temperaturen schneller teilt als die Pathovar Morsprunorum. Demgegenüber war bei den Erwinia-Bakterien eine Vermehrung erst bei Temperaturen von 10 °C feststellbar.

Untersuchungen zum Transport von P. syringae zeigen, dass das im Sommer häufig an Zwetschen zu beobachtende Pseudomonas induzierte Schrotschuss-Symptom keine bekämpfungswürdige Infektion darstellt. Die Blattnarben nach dem Blattfall sind keine bedeutsamen Eintrittspforten für P. syringae. Die Infektion erfolgt vor allem während der Vegetationsruhe, wenn der Baum auf eine Infektion aufgrund seines stark reduzierten Stoffwechsels nicht reagieren kann. Hier sind Forstperioden gefolgt von Perioden warmer Witterung besonders problematisch, denn die Pseudomonaden infizieren unter diesen Bedingungen durch kleinste Verletzungen (nicht sichtbare Frostrisse) den Baum und breiten sich dort ungehindert aus. Die durch Schnittmaßnahmen im Winter entstehenden Verletzungen sind darüber hinaus ideale Eindringorte für die Bakterien.

Umfangreiche Freilanderhebungen ergaben Unterschiede zwischen den Zwetschensorten bezüglich der Pseudomonas-Anfälligkeit. Auch die Unterlage hat einen Einfluss auf die Widerstandsfähigkeit der Sorte.

Untersuchungen zur Kontrolle von Pseudomonas mit chemischen und biologischen Pflanzenschutzmitteln bzw. Pflanzenstärkungsmitteln wurden im Labor, Gewächshaus und Freiland durchgeführt. Aufgrund der Gewächshausergebnisse und der epidemiologischen Studien wurde eine gezielte Behandlung des Stammes vom Boden bis in die Krone mit weißer Farbe und Kupfer im Herbst durchgeführt. Durch das Weißeln wurden die Frostrisse und durch die Kupferbehandlung die Pseudomonaden-Population auf der Stammoberfläche messbar reduziert.

Konsequenzen für die Praxis:

Eine Bekämpfung des auf Pseudomonas zurückzuführenden Zwetschensterbens ist ausgesprochen schwierig, zumal hoch resistente (immune) Sorten nicht vorhanden und systemisch wirksame Bakterizide nicht verfügbar sind. Eine Abwehr des Erregers kann daher nur über Maßnahmen erfolgen, die darauf abzielen, den Infektionszyklus zu unterbrechen. Das ist zum einen über Pflanzenschutzmaßnahmen zum anderen über die obstbauliche Produktionstechnik möglich. Dazu zählen die Wahl eines geeigneten Standorts, der Verzicht auf hochanfällige Sorten, eine an den Nährstoffbedarf angepasste Düngung, keinen Schnitt während der Vegetationsruhe durchzuführen, Kupferbehandlungen vor allem des Stamms vor Frostperioden, das Weißeln des Stamms bis in die Krone vor dem ersten Frost, das Ausschneiden von befallenen Ast- und Stammpartien bis ins gesunde Holz bei trockenem Wetter während der Vegetationsperiode. Ein integriertes Pflanzenschutzkonzept ist notwendig, da Pseudomonas syringae praktisch überall in großer Anzahl auf der Pflanzenoberfläche vorhanden ist, die Infektion sehr von den Umweltbedingungen und der obstbaulichen Produktionstechnik abhängt und kurativ wirksame Bakterizide nicht existieren.


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