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Wildobstverwertung in der Brennerei

Mispelfrüchte


Dr. Günter Röhrig

LVWO Weinsberg

 

Erzeugnisse aus Wildobst zählen zu den absoluten Spezialitäten und werden oft nur von den Top-Brennereien angeboten.

Unter Wildobst versteht man alle Bäume und Sträucher, die essbare Beeren, Früchte und Nüsse tragen, vom Menschen aber nur wenig genutzt werden bzw. züchterisch bearbeitet wurden.

 

Beerenobst

Wilde Himbeeren                                          

Wilde Brombeeren

Vogelbeeren(Eberesche)

Holunderbeeren

Wacholderbeeren

Hagebutten (Rosaceae)                                          

 

Steinobst

Wild(Vogel-)kirschen

Kornelkirschen

Schlehen

Haferpflaumen

Zibarten

Kirschpflaumen

 

Sonstiges Wildobst

Mispel

Speierling

Felsenbirne

Traubenkirsche

Traubenholunder

Kriecherl (Pflaumenart)

Weißdorn, Mehlbeere, Maulbeere, Elsbeere

 

Laut Brennereiordnung darf nur einheimisches Obst verarbeitet werden.

Es kann selbstgewonnen, also auf einem eigenen Grundstück geerntet sein, oder die wild wachsenden Früchte werden in der freien Natur gesammelt.

Das Wildobst darf sowohl vom Brennereibesitzer wie auch vom Stoffbesitzer genutzt werden. Bei der Anmeldung ist darauf zu achten, dass die Früchte genau bezeichnet werden.

 

Die Ausbeutesätze sind entsprechend dem in der Regel niedrigen Zuckergehalt

im unteren Ausbeutebereich angeordnet.

So gelten folgende Sätze für 100 Liter Maische:

Mispeln            

3,6 %

Sonstiges Steinobst

3,5 %

Schlehen

2  %

Speierling

2  %

Sonstiges Beerenobst

2  %



Im folgenden wird auf Früchte näher eingegangen die in unserer Versuchsbrennerei zur Verarbeitung anstanden.

 

Mispel und Speierling

Beide Fruchtarten enthalten wenig Flüssigkeit und sind durch gerbige und saure  Substanzen geprägt. Die Früchte sollten vor der Verarbeitung weich werden. Dies wird durch luftige Lagerung  bzw. durch Kälteeinwirkung erreicht. Zum einen kann man sie dem Frost aussetzen oder legt sie in eine Tiefkühltruhe. Grüne, harte Mispeln sind für die Einmaischung ungeeignet. Beim Speierling findet man braune, grüne bis gelbgrüne, rotbäckige Früchte.

Die Bereitung der Maische erfolgt mit einem Muser oder der Excenterschneckenpumpe. Dabei entsteht ein brauner pasteuser Brei. Die Maische muß mit Pektinase behandelt werden um sie dünnbreiiger zu machen und es werden

30 g/hl einer gärkräftigen Reinzuchttrockenhefe zugesetzt. Des weiteren sollte der pH-Wert überprüft und durch Zusatz einer Säure auf circa pH 3 eingestellt werden. Aufgrund der Gerbstoffe empfiehlt sich eine Gärtemperatur von 20 °C um eine angemessene Gärtätigkeit zu bekommen.

 

In den Jahren 2006 und 2007 wurden in unserer Brennerei eigene Mispeln verarbeitet (siehe Tabelle 1). Die Messung der Öchsle- und Brixgrade lässt sich nur mit einem Refraktometer durchführen, da die Maische kaum Saft enthält. Es wurden Werte zwischen 78 und 107 °Oechsle gemessen. Nach einer langsamen mehrwöchigen Gärung ergaben sich Endvergärungsgrade von 2,8 bis 3,6%, was auf eine gute Vergärung hinweist. Die Clini-Restzuckergehaltsbestimmung bestätigte die saubere Vergärung. Die pH-Werte lagen zwischen 2,9 und 3,4; es war somit eine fehlerfreie Vergärung gewährleistet. Entsprechend gute Alkoholausbeuten mit Werten zwischen 5,7 und 6,9 l A/hl Maische wurden ermittelt.

Bei den Speierlingsfrüchten wurden Werte zwischen 71 und 74 °Oe gemessen. In der Literatur wird eine Ausbeute von 5-6 Liter A/hl angegeben.

 

 

Eberesche und Holunder

Bei den Ebereschen unterscheidet man die bitteren von den süßeren Vogelbeeren. Die Ernte ist nicht ganz einfach da die Bäume hoch werden und die Kämme von Hand abgeschnitten werden müssen. Die Beeren werden von den Kämmen abgestreift oder mit einer Schere abgeschnitten. Der Holunder lässt sich leichter ernten, wichtig ist, dass die Beeren gleichmäßig ausgereift sind. Da die Beeren sich leicht ablösen, kann auch eine kleine Abbeermaschine, wie in der Weinbranche üblich, eingesetzt werden. Die Beeren sollten angequetscht oder mit einem Maischequirl zerkleinert werden. Zur besseren Vergärung gibt man ein pektinspaltendes Enzym sowie Reinzuchthefe (30 g/hl) zu. Bei  Vogelbeeren empfiehlt es sich etwas Wasser zuzusetzen um die Gärung zu fördern. Es sollte bei Zimmertemperatur vergoren werden.

 

In der Tabelle 2 sind selbst ermittelte Kennzahlen von Ebereschen, Kornelkirschen und Holunder aufgelistet. Bei Ebereschen wurden ebenfalls sehr hohe Oechslewerte (84-122 °Oe) gemessen. Trotz guter Vergärung zeigte die Endvergärungsgradspindel noch Werte von 9,1 und 18,8 % an, was durch hohe nicht vergärbare Extraktstoffgehalte verursacht wird. Die Ausbeuteerwartungen aus der Literatur wurden mit Werten um 3 l A/hl bestätigt. Hohe Öchslewerte bei Wildobstarten sind immer mit Vorsicht zu betrachten, da aufgrund eines ebenfalls hohen Sorbitanteils nur wenig vergärbare Zucker zur Verfügung stehen.

Kornelkirschen sind zuckerärmer und können je nach Sorte und Reife Werte zwischen 53 und 78 °Oe aufweisen. Die Vergärungsgradwerte liegen wie bei den Kirschen zwischen 4 und 9 %mas. Die Alkoholausbeuten zeigen dass nur ausgereifte Früchte einzumaischen sind.

Holunder gilt als zuckerarm und weist zwischen 39 und 55 °Oe auf. Die Alkoholausbeuten werden mit 2 bis 3,5 l A angegeben.

 

 

Steinobst

Im jahreszeitlichen Ablauf reifen als erstes die Wild- oder Vogelkirschen.

Handelt es sich um Waldbäume sind die Früchte kaum erreichbar da der Baum in de Regel zu hoch ist. Wildkirschen lassen sich aber auch wie Süßkirschen erziehen, so dass die Früchte mit Baumschüttlern gut geerntet werden können. Die Schutzgemeinschaft deutscher Wald hat die Wildkirsche zum Baum des Jahres 2010 auserkoren. Neben dem wertvollen Holz bereichert der Baum mit seiner Blütenpracht die Landschaft und liefert den Brennern eine hoch geschätzte Frucht für edles Kirschwasser. Aufgrund der kleinen Früchte und des hohen Steinanteils resultieren nur bescheidene Alkoholausbeuten. Nach DÜRR werden 5 bis 6 l A/hl erhalten.

 

Kirschpflaumen oder auch Myrobalane genannt sind sowohl als Wild- wie auch Ziergehölze bekannt. Die kugeligen Früchte weisen eine Ausfärbung von gelb über Rottöne bis tiefblau aus.

Aus Tabelle 3 kann man entnehmen, dass besonders die gelben und dunkelroten Arten empfehlenswert sind.

 

Tabelle 3: Kennzahlen von Kirschpflaumen

Typ

1

2

3

4

5

6

Färbung

Hellgelb

Gelb

Pfirsichrot

Dunkelrot

Schwarzblaurot

schwarzblau

Brix

16,3

19,0

9,6

17,1

13,3

13,4

Öchsle

67

78

38

70

54

54

pH-Wert

2,7

3

3,5

3,5

2,5

3,5



 

Im späten Herbst werden dann eine badische Spezialität die Zibärtle geerntet.

Es gibt Früchte mit gelber und blauer Ausfärbung, letztere sind für die Brennerei besser geeignet,  da sie Öchslewerte von über 100 aufweisen können. Die Endvergärungsgrade sind entsprechend hoch (9,5 %mas = 38 °Oe). Die maximale Alkoholausbeute dürfte zwischen 6 und 7 l A/hl liegen.

 

Die blauen Schlehenfrüchte werden nach dem ersten Frost geerntet. Aufgrund der stacheligen Büsche empfiehlt es sich ganze Zweige abzuschneiden und diese über einem Behälter auszuschütteln. Die Früchte werden angequetscht ohne die Steine zu verletzen, enzymiert mit einem geringen Wasserzusatz und mit einer gerbstoffresistenten Reinzuchthefe bei 20 °C vergoren. Unsere Schlehen erreichten 77 °Oe, aus der Literatur sind Werte von über 110 °Oe bekannt. Trotzdem kommt es nur zu Ausbeuten von 3,5 bis 4,5 l A/hl Maische.

 

Die meisten Steinobstarten lassen sich gut mit einer Passiermaschine entsteinen. Gehen die Früchte nicht vom Stein, lässt man die enzymierte Maische 5 Tage gären und entsteint danach.

Neben der Verwertung zu Bränden, lässt sich Wildobst auch zu Geisten und Likören verarbeiten. Eine weitere Spezialität sind Holunderblütenerzeugnisse.

Nachfolgend zwei Rezeptvorschläge:

 

Holunderblütengeist
Von frisch geernteten Holunderblütendolden werden die Blüten abgezupft, so dass 5 kg Blüten entstehen. Die Blüten lässt man 14 Tage in 50 Liter 60%vol Primasprit ziehen, danach wird eine Feinbranddestillation durchgeführt.

 

Holunderblütenlikör

Von 10 einwandfreien Blütendolden die Blüten abzupfen und mit 400 g Zucker und 1 Liter Primasprit 40%vol vermischen. Je eine unbehandelte Zitrone und Orange, die in Scheiben geschnitten werden, hinzugeben. Das Gefäß verschließen und 4 Wochen stehen lassen, danach abseihen und filtrieren und mit kalkarmem Wasser auf 1,5 Liter auffüllen.

 

Unsere Naturlandschaft bietet je nach Region immer noch eine große Vielfalt an wild wachsenden Früchten an. Die Erntemengen sind meist bescheiden und der Arbeitsaufwand beträchtlich. Es sollte immer dabei bedacht werden, dass unsere Tier- und Vogelwelt  gleichermaßen einen Anspruch auf diese Nahrungsquelle hat. Erzeugnisse aus Wildobst runden die Angebotspalette der Brennereien ab, sollten aber entsprechend ihrer Wertigkeit im oberen Preissegment angesiedelt werden.

 

 

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