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Lesetermin - Einflüsse auf Weintyp und Weinqualität

Rolf Fox
LVWO Weinsberg
E-Mail:
rudolf.fox@lvwo.bwl.de

Oberste Priorität bei der Produktion des Genußmittels Wein ist höchstmögliche Qualität, um den Verbraucher auch wirklichen Genuss zu bieten. Das Produkt soll also zum genießen und probieren anregen und Spaß machen. Kurzum der Wein soll "unwiderstehlich" sein.

Das Thema Lesetermin bzw. dessen Einfluss auf die Weinqualität ist ansich nicht neu. So geht bekanntlich die Entdeckung der Spätlese auf das berühmte Ereignis des Jahres 1775 zurück, bei dem der Kurier des Fuldaer Bischofs verspätet die Genehmigung zum Lesebeginn auf Schloß Johannisberg im Rheingau überbrachte:

Entdeckung der Edelfäule und Wert der Spätlese im Jahre 1775

»Bis hieher hienge alle Jahre die Weinleße meistens vom Geschreie des gemeinen Volkes ab, und noch herrscht das alte Vorurtheil, daß wenn der Gallustag (16. Oktober) einfällt, die Laße müsse vorgenommen werden, dagegen die Laße in dem Fürstlichen Fuldischen Weinberge auf dem Johannisberg alle Jahre solang hinausgeschoben wird, bis alle Trauben im ganzen Lande in die Keller schon eingekältert sind. Ein Ohngefähr wie bekannt hat denen Fulder Johannisberger diesen Vortheil entdeckt, wodurch sie einen wahren Auszug von Wein erhalten, und nun haben sie vor alzeit das Spatläßen zum Gesetze gemacht.«

Wer den Rheingau kennt, weiß natürlich, dass es dort praktisch ausschließlich weiße Sorten und hierbei über 80 % Riesling gibt. Das "Denkmal" des sogenannten Spätlesereiters muss vor diesem Hintergrund gesehen werden, denn bei Riesling ist das Risiko später oder zu später Lese bezüglich Mengen- und insbesondere Qualitätsverlust relativ gering.

Wer in den Annalen blättert, findet gerade in früheren Jahren viel über das Thema Lesetermin. So wurde z. B. Ende der 70er Jahre in einem Forschungsbericht der positive Effekt der Säureminderung sowie das feinere Bukett, gerade wiederum bei der Sorte Riesling, herausgestellt. Letzteres wurde dem Einfluss der stärkeren Schwankungen der Tag-/Nachtamplitude der Temperatur in den Spätherbsttagen zugeschrieben. Eine Parellele aus neuerer Zeit hierzu ist sicher der Jahrgang 97, bei dem gerade der Riesling in den letzten Reifewochen enorm an Duft und Frucht gewann.

Sicher war jedoch damals wie heute die größere Harmonie und Nachhaltigkeit sowie das Saftigere, Weinigere im späteren Wein der "physiologisch reif" gelesenen Trauben – selbst bei nicht immer deutlich höheren Mostgewichten – Grund genug, die Risiken der späteren Lese in Kauf zu nehmen.

Nachzulesen in der oben zitierten Quelle aus den 70er Jahren ist noch folgendes:

"Wenn wir auch nach wie vor für eine möglichst späte Lese eintreten, sind hier jedoch Grenzen gesetzt, denn späte Lese führt nicht immer zu einem besseren Wein."

In älteren Berichten über Lesetermin ist bei Weißwein und hier wiederum besonders bei Riesling häufig der positive Einfluss von Edelfäule – siehe Spätleseentdeckung – auf den Weincharakter beschrieben und auch als Botrytisnote im späteren Wein vom Fachmann sowie vom Kunden geschätzt oder zumindest toleriert. Heute sieht dies anders aus. Allenfalls von Auslese aufwärts wird eine gewisse Botrytisnote akzeptiert.

Im Zusammenhang mit Rotwein ist zum Thema Lesetermin wohl aus gutem Grund weniger in der Literatur zu finden. Hier gilt naturgemäß als Idealvorstellung gesundes, möglichst reifes Lesegut mit hohem Farbstoff- und Phenolgehalt. Bei Maischegärung wird vor allem aus mikrobiologischen Gesichtspunkten bekanntermaßen absolute Gesundheit des Lesegutes gefordert.

Bei Trost - Technologie des Weines - ist folgendes nachzulesen:

"Die Nachteile, die durch eine zu frühe Lese entstehen, sind durchweg viel größer und häufiger als die einer zu späten Lese. Dieses Fazit ist wohl, wie vorher bereits angedeutet, vor dem Hintergrund des Rheingauer Rieslings sowie den damals vor allem bei Spät- und Auslesen eher geschätzten Botrytiston zu sehen."

Erfahrungen aus neuerer Zeit

Aufkommend mit der "Sektwelle", d. h. der verstärkten Produktion von Winzersekten in den 80er- und insbesondere der 90er-Jahre, orientierte sich der Lesetermin neben dem Gesundheitszustand bei den frühreifen Sorten sowie in Verbindung mit den klimatisch günstigen Jahren vielfach am Säuregrad. Dies ergab in den Trockenjahren zu Beginn bis ca. Mitte der 90er vielfach recht frühe Lesetermine mit ihren heute bekannten Problemen mangelnder Sekt- bzw. Weinqualität (Stichwort UTA). Ab Mitte der 90er Jahre wurden die Vorteile später Lese geradezu wieder entdeckt.

Der Gesamttenor in der Literatur lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Später ist eher besser. Es bestehen aber auch erhebliche Risiken, z. B. bei Rotwein bezüglich Farbe, bei frühreifen Muskatsorten bezüglich Aromaverlust durch Botrytisbefall oder auch zu geringe Säuren in Jahren mit frühem Reifebeginn. Nach eigener Erfahrung wird der Nachteil der Säurearmut jedoch vielfach überschätzt.

Die Wahl des Lesezeitpunktes hat demnach unbestritten einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Verstärkt wird die mögliche Qualitätsbeeinflussung durch gestaffelte oder auch selektive Vorgehensweise, d. h., Vorlese bzw. getrennte Lese angefaulter Trauben, z. B. bei Sorten mit "Muskataromen" wie z. B. Muskateller, Müller-Thurgau und Kerner oder zur Gewinnung hochwertiger Rotweine.

Wesentlich bei der Festlegung des Lesetermines ist u. a. der angestrebte Verwendungszweck des Lesegutes.

Hierbei stellen sich folgende Fragen

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Wie soll unser Produkt, der Weintyp oder das Weinprofil sein? Was streben wir an? Welchen Stil bzw. Weintyp wollen wir? Dies ist bei der Leseplanung festzulegen.
Es gilt demnach eine gezielte Planung der Produktion bereits in der laufenden Vegetationsperiode sowie bei der Festlegung des Lesetermines vorzunehmen, denn gerade der Lesetermin ist ein wichtiger Baustein, dem gewünschten Profil nahe zu kommen.

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Wo liegen unsere Stärken im Weintyp gegenüber den Mitbewerbern auf dem Markt? Gerade bei Weißwein sind in der nördlichen Grenzzone der Weinproduktion besonders die Attribute Duft und Frucht bei ausgeglichenem Säurespiel zu nennen.

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Wie können wir diese Stärken oder Vorteile am besten herausarbeiten, um unverwechselbar oder nicht austauschbar zu bleiben oder wieder zu werden?

hier bietet der Lesetermin große Chancen, aber natürlich auch Risiken - siehe Übersicht 1 und 2.

  Handrechts.gif (195 Byte)Übersicht1: Chancen einer späten Lese

 

Handrechts.gif (195 Byte)Übersicht2: Risiken einer späten Lese



Das Risiko von Qualitätsverlusten ist bei den einzelnen Sorten recht unterschiedlich. So ist bei Sorten mit Muskataromen weitestgehend gesundes Lesegut erstrebenswert und deshalb die Lese unbedingt am Gesundheitszustand zu orientieren bzw. faules Lesegut getrennt zu halten. Eine reife Rieslingtraube "leidet" dagegen unter Botrytisbefall kaum, was den späteren, sortentypischen Wein angeht, denn die rieslingtypischen Aromen (Isoprenoide) werden durch Botrytis nicht abgebaut. Als Beispiel hierzu sei der Jahrgang 1995 angeführt.

Dass hoher Botrytisbefall kellerwirtschaftliche Probleme nach sich zieht, sei nur nebenbei bemerkt. Dementsprechend ist Vorbeugung durch lockere Laubwände (Stichwort Entblätterung) und gezielten Pflanzenschutz zur Abhärtung von Stielen und Beeren (ggf. Zusatz von Wasserglas zur Spritzbrühe) besonders dann angebracht, wenn die Vorteile später Lese genutzt werden sollen.

In den vergangenen Jahren wurde dem Aminosäuregehalt der Weißmoste in Abhängigkeit der Lesetermine vor dem Hintergrund des untypischen Alterungstones mehr Aufmerksamkeit gewidmet. So wissen wir heute, dass gerade in den letzten Reifewochen ein enormer Anstieg der für die Aromabildung sowie Hefeernährung wichtigen Aminosäuren erfolgt. Gerade nach trockenen Sommern wird mit zunehmender Bodenfeuchte die Nährstoffverfügbarkeit besser und von der Rebe massiv genutzt.
Dies gilt für "N" sowie andere Mineralstoffe natürlich gleichermaßen.

Späte Lese bringt besonders in guten Lagen und "frühen" Jahren Vorteile

Ganz allgemein ist die Wahrscheinlichkeit eines Mostgewichtsanstieges in Jahren mit früherem Reifebeginn sowie in besseren Lagen höher als im umgekehrten Fall. Der Energiegenuß ist unter den angeführten Bedingungen weitaus höher und wirkt sich dementsprechend positiv auf die Zuckerbildung sowie den Reifefortgang allgemein aus. Gerade unter solchen Bedingungen lohnt es sich demnach, eher die Lese hinauszuzögern. Umgekehrt ist Ende Oktober, nur noch mit bescheidenem Mostgewichtsanstieg über Assimilatproduktion zu rechnen.

Auch die Konzentrierung über Verdunstung wird im Spätherbst immer unwahrscheinlicher, denn die Niederschlagshäufigkeit sowie die relative Luftfeuchte steigen. Umgekehrt ist bezüglich Säure bei frühreifen Sorten und jahrgangsbedingt frühem Reifenbeginn unter Umständen ein drastischer Abfall - einige Tage mit hohen Temperaturen, siehe September 1999 – zu erwarten. Dies kann bei frühreifen Weißweinsorten zu vorgezogenem Lesetermin zwingen. Unter solchen Bedingungen spricht einiges auch gegen eine zu starke Entblätterung, denn in beschatteten Beeren wird die Säure weniger rasch abgebaut.

Bei Rotweinsorten spielt Säurearmut dagegen in der Regel keine Rolle. Im Gegenteil, sie wird eher als positiv empfunden.

Bei spätreifen Weißweinsorten wie dem Riesling ergibt eine spätere Lese in der Regel harmonischere Säuren, bei günstigerem Äpfelsäure-/Weinsäureverhältnis (Abb. 1 + 2 Reifeverlauf Riesling, Reifeverlauf Lemberger). Der Kurvenverlauf der Apfelsäure bei Riesling zeigt das typische Verhalten rascher Abnahme zu Reifebeginn sowie unter den günstigen Jahrgangsbedingungen nahe auf Null auslaufende Werte. Die Weinsäure fällt anfangs stark durch Volumenzunahme/Verdünnung ab, bleibt dann jedoch nahezu konstant.

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Abbildung1: Reifeverlauf bei Riesling 1997

 

Abbildung 2: Reifeverlauf bei Lemberger 1997

Bei Lemberger wird der höhere Energiegenuss zu Beginn der Reifeuntersuchungen (Anfang September) sowohl am steilen Mostgewichtszuwachs als auch der zunächst raschen Säureabnahme deutlich. Die pH-Werte steigen naturgemäß mit späterem Lesetermin, ebenso der Fäulnisgrad, während die Erträge zurückgehen. Bei sorten- sowie jahrgangsbedingt frühem Reifebeginn besteht erfahrungsgemäß ein größeres Risiko auch von Essigstichigwerden sowie der Besiedlung mit unerwünschten Pilzen, wie z. B. Penicillium, Rhizopus und dergleichen. Hier richtet sich der Lesetermin naturgemäß entsprechend dem Gesundheitszustand der Trauben.

Lesetermin und Verwendungszweck

Je nach Verwendungszweck und gewünschtem Weintyp sind unterschiedliche Anforderungen an das Lesegut und damit zusammenhängend den Lesetermin zu stellen:

Verwendungszweck

optimale Beschaffenheit der Trauben

Sekt

absolut gesundes Lesegut mit zirka 70 - 85 °Oe und zirka 10 bis 12 g/l Säure, ausreichende physiologische Reife sowie Aromareife

"normale" fruchtgeprägte Weine mit Restsüße
traditioneller Typ

gesundes, reifes Lesegut mit 70 - 90 °Oe und 8 bis 12 g/l Säure (je nach Sorte), ausreichende physiologische Reife sowie Aromareife

trockene Weine

weitgehend gesundes, extraktreiches Lesegut mit mäßiger Säure von zirka 7 bis 9 g/l je nach Sorte; möglichst hohe Mostgewichte, im Ideal 85 bis 100 °Oe, hohe physiologische Reife sowie Aromareife

edelsüße Prädikatsweine

hochreifes Lesegut mit "sauberer" Botrytis, hohen Extraktwerten und hohen Mostgewichten (> 90 °Oe) mit 9 bis 12 g/l Säure

Weine für Barriqueausbau

hochreifes Lesegut bei Weißwein auch mit "sauberer" Botrytis, hohen Extraktwerten und hohen Mostgewichten (>90 °Oe)

Welche Kriterien wir haben um den Lesetermin festzulegen geht aus folgender Übersicht:

Kriterien zur Bestimmung des Reifegrades bzw. der Festlegung des Lesetermines

Analytisch
Mostgewicht
Säure, Säurezusammensetzung   
pH-Wert

Harmonie dieser Parameter bezogen auf Sorte und Region

Visuell
Beerenfarbe:
Sortentypische Färbung bei Rot, keine bräunlich verwaschene Farbe, Beerenhaut noch nicht zu mürbe.
Sortentypische Färbung bei Weiß mit bräunlichen "Backen", allenfalls leicht mürbe und bräunlich verwaschen
.
Blattfarbe:
Zumindest beginnende natürliche Verfärbung in der Traubenzone.
Sogenannte physiologische Reife von Rebstock und Beeren.

Organoleptisch
Verkostung der Beeren im Hinblick auf:
Aromareife
Säureharmonie
Phenolgehalt
Beerenhaut/Beerenfleisch
Konsistenz des Fruchtfleisches Gutes "Lösen" der Kerne aus dem Fruchtfleisch. Gute Pressbarkeit

Die analytischen Daten dienen zwar generell als wesentliche Richtschnur. Es gibt jedoch kein Patentrezept für eine analytisch interpretierbare Idealkomposition als Garant für den späteren Weintyp. Auch bei Stagnation von Zucker und Säure gibt es im Wein sensorische Vorteile.

Neben Mostgewicht, Säure und pH-Wert spielt der visuelle Eindruck, d. h. der "Zustand"(Verfärbung, Gesundheit) eine entscheidende Rolle für die Festlegung des Lesetermines. Werden die Beerenhäute leicht mürbe - Abb. 3 - so ist die sogenannte physiologische Reife und somit auch das jahrgangs- und lagebedingt maximale an Aroma-, Farbstoff- und Phenolgehalt sowie an Aminosäuren erreicht. Der Rebstock selbst zeigt die physiologische Reife in einer gewissen natürlichen Laubverfärbung an. Dies ist in der Regel auch korreliert mit guter Pressbarkeit bzw. gutem Lösen der Kerne aus dem Beerenfleisch.

Abbildung 3: Rieslingtraube mit optimaler physiologischer Reife

Die Verkostung (organoleptisch) der Beeren im Hinblick auf Aromareife, Säureharmonie und Phenolgehalt stellt eine weitere wichtige Komponente zur Festlegung des Lesetermines dar. So sollte das Aroma der Beeren ähnlich schmecken, wie wir es im späteren Wein erwarten. Grundsätzlich steigt die "Aromareife" auch dann an, wenn im Mostgewicht kaum noch ein Anstieg zu verzeichnen ist. Mit längerem Hängenlassen werden dabei zunächst gebundene, sensorisch nicht wahrnehmbare Aromastoffe, durch beereneigene Enzyme freigesetzt und somit geruchlich und geschmacklich wirksam.

Die Säureharmonie hängt eng mit dem Mineralstoffgehalt (Abpufferung) zusammen und ist demnach in ihrer physiologischen Wirkung auf den Menschen zufriedenstellend durch Verkostung zu "ergründen".

Der Phenolgehalt als Geschmacksträger und Radikalfänger (Oxidationsschutz) ist ebenfalls recht gut organoleptsich erfassbar und kann in seiner "Struktur" relativ gut eingestuft werden. Generell nimmt der Gehalt phenolischen Verbindungen mit der Reife zu, ebenso die Farbe bzw. die nahen Verwandten Anthocyane. Das Alterungspotenzial des Weines nimmt ebenfalls mit steigender Reife zu, denn Extrakt und Phenole steigen an. Extraktreiche Weine sind praktisch immer nachhaltiger und aromatischer.

Die schlechteste Methode im Sinne der späteren Weinqualität ist die der Terminfestlegung nach Terminbuch bzw. Lesetermin orientiert an der Arbeitskapazität.

Ergebnisse aus eigenen Versuchen

Wie aus den Abb. 4, 5 und 6 am Beispiel von Riesling und Lemberger hervorgeht waren bei späterem Lesetermin sowohl die Mostdaten in °Oe und Säure als auch die analytischen Daten der Weine bei späteren Lesetermin den Jahren 1996 bis 1999 deutlich "besser". Dabei waren die Witterungsbedingungen in den letzten Reifewochen lediglich im Jahr 1997 besonders günstig. Betont sei jedoch, dass in allen 4 Jahren nur ein sehr geringer Botrytisbefall auftrat und somit negative Einflüsse von dieser Seite ausblieben.

Abbildung 4: Terminleseversuch bei Riesling (Weinsberg) - Erntedaten im Mittel der Jahre 1996-1999

 

Abbildung 5: Terminleseversuch bei Riesling (Weinsberg) - Weinanalysedaten im Mittel der Jahre 1996-99

 

Abbildung 6: Terminleseversuch bei Lemberger (Weinsberg) - Weinanalysedaten im Mittel der Jahre 1997-99

Wenn auch die Mostgewichte bei Riesling - Abb. 4 - im Mittel der Jahre selbst zum späteren Lesetermin lediglich 85°Oe erreichten, so waren im Gegensatz zum früheren Termin keinerlei Probleme mit UA-Tönen festzustellen. Ähnlich war es bei Versuchen im Jahr 1993 in Bad Kreuznach - perönliche Mitteilung von Herrn Bamberger. Hier waren zum frühen Termin bereits 87°Oe erreicht, die Trauben waren jedoch physiologisch unreif was im späteren Wein zu einem ausgeprägten UA-Ton führte.

Die Einstufung der späteren Weine geht aus folgender Übersicht am Beispiel des Rieslings hervor. Dabei bestehen enge Beziehungen zwischen der Punktzahl und den positiv fruchtig-aromatischen Attributen einerseits sowie negative Korrelationen zwischen Punktzahl und den negativen Attributen wie UTA, bitter, ziehend oder nasser Lappen andererseits. Aus den Werten wird daneben ersichtlich, dass die Beurteilung bei den verschiedenen Verkostungsterminen (1998 und 1999) bei den positiven Attributen kaum abweichen. Die Ausprägung der negativen Attribute nimmt jedoch zum 2. Termin, d. h. mit längerer Lagerung, deutlich zu.

Lese am

Punktzahl

Apfel/Pfirsich

bitter/ziehend

UTA

Zitrone

Nachhaltigkeit

nasser Lappen

Verkostung 1998

06.10.97

2,09

2,01

2,44

2,58

1,57

2,22

2,93

17.10. 97

2,36

2,32

1,88

2,19

2,09

2,37

2,29

27.10. 97

2,37

2,31

1,98

1,68

1,92

2,42

2,22

Verkostung 1999

06.10.97

1,5

1,56

3,09

3,35

1,62

2,22

2,93

17.10. 97

1,85

1,98

2,56

2,45

1,92

2,37

2,29

27.10. 97

1,87

2,07

2,51

2,3

1,99

2,42

2,22

Das "Aromaprofil" eines Rieslings in Abhängigkeit der Lesetermine ist in Abb. 7 in Form eines Netzdiagrammes dargestellt. Hierbei wurde der frühe Lesetermin bei allen Attributen als relative Bezugsgröße = 100% eingesetzt. Im oberen Teil des Netzdiagrammes mit den rieslingtypischen, positiven Attributen übertreffen die Weine mit den späteren Ernteterminen die Werte des Standards. Im unteren, negativen Bereich sticht der frühe Lesetermin gegenüber den späteren deutlich hervor. Die positiven Attribute stehen mit der besseren Rangfolge in enger Beziehung und umgekehrt.

Abbildung 7: Aromaprofil bei Riesling in Abhängigkeit vom Lesetermin 1997

Bei der Sorte Lemberger wurden die Parameter Schwarze Johannisbeere, Brombeere und Körper/Fülle zum späteren Termin höher eingestuft; die Attribute bitter/ ziehend, grüner Paprika hingegen niedriger.

Welches Fazit lässt sich ziehen?

Bei frühreifen Sorten und besonders bei jahrgangsbedingt früher Reife ist einerseits wegen des höheren Energiegenusses noch mit nennenswertem Mostgewichtsanstieg über Assimilation zu rechnen, andererseits ist jedoch die Gefahr stärkerer Fäulnis mit all ihren Folgen größer. Bei botrytisfesten, spätreifen Sorten, insbesondere bei Riesling, aber auch bei Lemberger, Cabernet Sauvignon, mit Einschränkung auch bei Merlot, ist ein Hinauszögern der Lese wesentlich weniger risikobehaftet.

Wer spät lesen will ist gut beraten, bereits im Sommer durch sachgerechte Laubarbeiten - unter anderem auch zeitige Auslichtung der Traubenzone - sowie sachgerechten Pflanzenschutz (insbesondere Sauerwurmbekämpfung) die Grundlagen für gesunde, gut abgehärtete Trauben bei guter Belichtung zu legen.

Um Spitzenerzeugnisse zu gewinnen, ist es sinnvoll, die jeweils besten Lagen, bezogen auf die einzelnen Sorten, möglichst spät zu lesen.

Unter dem Gesichtspunkt zielgerichteter Produktion ist der gewünschte Weintyp bei der Wahl des Lesezeitpunktes als wichtiges Kriterium anzusehen.

Louis Posteur: "Der Wille öffnet die Türen zum Erfolg".

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