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Agrarforschung
Situationsanalyse und Entwicklungsperspektiven milchviehhaltender Betriebe im Jura, Schwarzwald und in den Vogesen

S. Hartnagel, Forschungsinstitut für biologischen Landbau - FiBL (CH)
1996-1999

Problemstellung und Ziel

Sinkende Erzeugerpreise für Milch und Fleisch und begrenzte Standortpotentiale erschweren in den Bergregionen der Grenzgebiete Schweizer Jura, Schwarzwald und Vogesen eine wettbewerbsfähige Milchproduktion. Auch von agrarpolitischer Seite behindern Maßnahmen, wie die Milchkontingentierung oder flächenbezogene Ausgleichszahlungen durch hohe Pachtpreise die Weiterentwicklung der Betriebe. Sowohl eine intensive Nutzung als auch die Aufgabe von Flächen in arbeitswirtschaftlich unrentablen Hanglagen stehen jedoch dem Trend einer nachhaltigen Entwicklung in den Berggebieten entgegen.

Das vorliegende Projekt hat zum Ziel, die agrarwirtschaftlichen und -politischen Rahmenbedingungen zu konkretisieren, welche einen Beitrag
zur Existenzsicherung nachhaltig wirtschaftender Milchviehbetriebe in diesem Gebiet leisten können.

Methode

Im agrarökonomischen Teil wird auf der Grundlage von Fallstudienbetrieben, Expertengesprächen und statistischen Kennzahlen die Ausgangssituation in Untersuchungsgebieten der Schweiz (Faltenjura), Deutschlands (Schwarzwald) und Frankreichs (Vogesen) analysiert und bewertet. Darauf aufbauend werden für die Region typische Modellbetriebe erstellt (Schweizer Jura und Schwarzwald). Im ökologischen Teil wird das Landschaftsinventar der ausgewählten Fallstudienbetriebe kartiert und durch Vegetationstypen und ausgewählte Qualitätsmerkmale erfasst. Ziel der Kartierung ist es, durch das Erfassen der wesentlichen Sachlagen auf den Betrieben Hinweise für Entwicklungspotentiale im Bereich Naturschutz, aber auch deren Grenzen (ökonomisch, fütterungstechnisch) aufzuzeigen.

Da für die Vogesen kein geeigneter Projektpartner im Landwirtschaftsamt gefunden werden konnte, wurde auf Angaben aus Fallstudienberichten der Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin zurückgegriffen.

Ergebnis

Im Jura herrscht eine differenzierte Grünlandnutzung vor, die mit der Kleinräumigkeit dieser Landschaft und den vermutlich traditionell kleinräumigen Nutzungsmustern zusammenhängt. Demgegenüber herrscht im Schwarzwald eine relativ gleichförmige Nutzung vor, da die Schlageinheiten im allgemeinen größer und die standörtlichen Unterschiede kleiner als im Jura sind. Hinsichtlich der Biotopausstattung sind im Jura und Schwarzwald Defizite vor allem im Bereich der Saumstrukturen entlang von Waldrändern, Gehölzen und Fliessgewässern erkennbar.

Der Vergleich der Erfolgsrechnung im Schweizer Jura zeigt, dass die landwirtschaftlichen Einkommen in den untersuchten Betrieben sehr unterschiedlich ausfallen.

Auf der Basis der Fallstudienbetriebe und in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Beratung werden Modellbetrieb als Grundlage zur Überprüfung von Entwicklungsszenarien entwickelt.

Für das vorliegende Projekt werden zwei Leitbilder formuliert:

Leitbild I : Integrierte Produktion (IP Schweiz) bzw. Bewirtschaftung nach ähnlichen Richtlinien (Deutschland) und Umsetzung von Mindestmassnahmen für den Ressourcenschutz.

Leitbild II : Bewirtschaftung nach den Richtlinien des biologischen/ökologischen Landbaus und Umsetzung von Mindestmassnahmen für den Ressourcenschutz.

Mit der Überprüfung unterschiedlicher Szenarien am Modellbetrieb werden die Leitbilder unter dem Aspekt von Nutzungsalternativen bewertet und Konsequenzen der Umsetzung aufgezeigt. Für den Schweizer Jura wurden 11 und für den Schwarzwald 8 Szenarien - vom Umbau Jungviehplätze im Anbindestall zu Milchkuhplätzen bis zur Umstellung auf biologischen Landbau - kalkuliert. Beim Vergleich der einzelnen Szenarien zeigt sich, dass das landwirtschaftliche Einkommen (Gewinn) zwischen den Szenarien teilweise stark differiert. Anpassungsmaßnahmen wirken sich somit unmittelbar und in unterschiedlicher Höhe auf den Gewinn aus. Die betriebswirtschaftlichen Kalkulationen zeigen, dass Betriebe, die sich strukturell und/oder hinsichtlich ihres Produktionsprogramms nicht weiterentwickeln, Einkommenseinbußen erleiden werden. Ohne spezifische Fördermittel werden die Haupterwerbsbetriebe im Berggebiet langfristig kein ausreichendes Familieneinkommen erwirtschaften können. Das zweite Standbein sind vor allem für die Betriebe im Schwarzwald die Forstwirtschaft und die Einnahmen aus der Vermietung von Ferienwohnungen. Der marktferne Standort und eine beschränkte Produktpalette grenzen Direktvermarktungsmöglichkeiten ein. Eine langfristige Einkommenssicherung kann durch Erwerbskombinationen gewährleistet werden. Die Betriebsplanung hinsichtlich Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen ist darauf auszurichten. Bei einer möglichen Abschaffung des Milchkontingent- bzw. quotensystems und einer über die bestehenden Maßnahmen der AP 2002 und AGENDA 2000 hinausgehenden Marktliberalisierung ist zu erwarten, dass eine kostendeckende Milchproduktion im Berggebiet nicht mehr möglich ist.

Konsequenzen für die Praxis

Aus der Projektarbeit ergab sich ein konkreter Katalog mit Empfehlungen an die Betriebsleiter und an agrarpolitische Entscheidungsträger. Welche Maßnahmen für den einzelnen Betrieb die Beste ist, muss auf jedem einzelnen Betrieb gesucht werden. Wichtig ist, dass sich die Berater und Betriebsleiter jetzt daran machen, individuelle Strategien zu suchen.

Die Rahmenbedingungen für die Höhenlandwirtschaft im Schweizer Jura, Schwarzwald und in den Vogesen sind schwierig und sie werden auch in Zukunft schwierig bleiben. Es kann davon ausgegangen werden, dass sowohl in der Schweiz als auch in den Ländern der EU der Strukturwandel weiter voranschreiten wird, und die Standorte mit schwierigen Produktionsbedingungen besonders davon betroffen sind. Trotzdem sind die Autoren der Meinung, dass die Landwirtschaft im vorliegenden Untersuchungsgebiet Möglichkeiten hat, durch eigene Anstrengungen und veränderte Organisationsformen auf diese Herausforderung erfolgreich zu reagieren.

Die Betriebsleiter im Schwarzwald und in den Vogesen wurden mit dieser Strukturentwicklung früher konfrontiert als die Betriebsleiter in der Schweiz. Sie haben einen gewissen Erfahrungsvorsprung. Andererseits verfügen die Schweizer Betriebsleiter über ein hohes produktionstechnisches Wissen. Ein grenzüberschreitender Austausch, wie er während der Projektlaufzeit in Ansätzen stattgefunden hat, ist deshalb zu fördern.

Literatur
Abschlußbericht 1999

Fördernde Institution
EU, MLR

Förderkennzeichen
ITADA Projekt A2


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