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Agrarforschung
Entwicklung einer routinegeeigneten Untersuchungsmethode zur Tierartdifferenzierung unterschiedlicher Käsesorten

Tierhygienisches Institut Freiburg, Lebensmittelabteilung
Dr. Renate Kluge-Wilm                                                          
Mai 1990 - April 1991

Problemstellung

Seit einigen Jahren befinden sich sogenannte "Schafkäse" auf dem Markt, die aus Kuhmilch bzw. mit Kuhmilchanteilen hergestellt sind. Dies entspricht nicht der Verbrauchererwartung und ist lebensmittelrechtlich unzulässig. Bisher steht für die amtliche Lebensmitteluntersuchung kein routinegeeignetes, ausreichend sicheres Nachweisverfahren zum Nachweis von Kuhmilch in Schafkäsen aller Sorten und Reifestadien zur Verfügung.

Ziel

Die Untersuchungen im Rahmen des Forschungsvorhabens sollten zu einem routinegeeigneten Nachweisverfahren von Kuhmilch in Schafkäsen unterschiedlicher Sorten und Reifestadien führen.

Nachfolgende Anforderungen sollte ein Nachweisverfahren erfüllen:

  • spezifisch und ausreichend empfindlich in der Aussage,
  • minimaler Personal-, Material- und apparativer Aufwand,
  • Ausschluß oder Minimierung von Umweltbelastungen durch Laborchemikalien.
Untersuchungsmethode

Für die vorgegebene Problem- und Zielstellung boten sich solche Untersuchungstechniken an, die spezifische Antigen-Antikörper-Reaktionen (immunologische Reaktionen) ohne besonderen apparativen Aufwand optisch sichtbar machen können. Auf agargelbeschichteten kleinformatigen Glasplatten (Objektträger) werden wäßrige Extrakte aus Untersuchungsmaterial mit spezifischen Antikörpern zur Reaktion gebracht (Immundiffusion). Bei Einsatz entsprechender Antiseren sind durch das Entstehen oder Ausbleiben spezifischer Präzipitationen im Agargel Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Untersuchungsmateriales möglich. Zur Darstellung von Einzelproteinen fand zusätzlich ein kombiniertes immunologisches Verfahren, die Immunelektrophorese im Agargel (IE) Anwendung. Sowohl Immundiffusion als auch Immunelektrophorese sind bereits von Kluge-Wilm (1972, 1986) für Milchuntersuchungen beschrieben worden. Beide Methoden sollten innerhalb des Forschungsprogrammes auf die speziellen Erfordernisse von Kuhmilchnachweisen in Schafkäsen variiert und entwickelt werden.

Die Untersuchungen zum Forschungsprogramm lassen sich in zwei Komplexe gliedern:

A = Benennung geeigneter Indikatorproteine für Tierartdifferenzierungen

B = Herstellung tierartspezifischer Antiseren zur Erfassung der Indikatorproteine

Zu A:

Indikatorproteine müssen leichtlöslich, "reifungsfest", thermostabil und immunogen, d.h. zur Antikörperbildung befähigt sein. Dazu sind Untersuchungen zum Lösungsverhalten von Kasein- und Molkenproteinen aus unterschiedlichen Hart- und Schnittkäsen erfolgt.

In den Versuchsabläufen variierten vergleichend:

Art der Extraktion:    

mit und ohne Ultraschall

Extraktionsmittel:

a.dest (destilliertes Wasser)

 

Phosphatpuffer pH 7.2

 

Tris-Barbituratpuffer pH 8.6

Extraktionszeiten:

2,6, 24 h

Diffusionszeiten:

24 und 48 h

Zur Beurteilung von Lagerungs- und Reifungsprozessen auf den Nachweis von Indikatorproteinen dienten frisch hergestellter Modellkäse aus Schafmilch, Kuhmilch und Mischungen daraus.

Diese sind portionsweise hergestellt und jeweils einmal wöchentlich bis zu einem Reifungsalter von 10 Wochen nach jeweils gleicher Versuchsanordnung untersucht und die extrahierten Milchproteine benannt worden.

Zur Prüfung der Thermostabilität von Indikatorproteinen sind Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch bei abgestuften Temperaturen zwischen 60 und 100 °C erhitzt worden.

Zu B. Antiseren:

Zur Herstellung tierartspezifischer Antiseren zur immunologischen Differenzierung der Milch sind Kaninchen mit nachfolgend aufgeführten Antigenen immunisiert worden:

  • Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch
  • bovine (Kuh), ovine (Schaf), caprine (Ziege) Kaseine
  • bovines µ-Lactalbumin, ß-Lactoglobulin, Immunglobulin.

Jede Immunisierung beinhaltete auch eine Qualitätsprüfung (Titerhöhe, Spezifität) der gewonnenen Antiseren.

Ergebnisse

1. Sowohl Immundiffusionen (ID) als auch Immunelektrophoresen (IE) im Agargel sind für Kuhmilchnachweise in Schafskäsen geeignet, selbst wenn der Käse stark gereift oder die Käsereimilch erhitzt wurde.

Die Immundiffusion erfüllt in besonderer Weise die eingangs in der Zielsetzung erwähnten Erfordernisse für routinegeeignete Nachweisverfahren.

Die Ergebnisse liegen bereits nach 1 - 2 Tagen vor.

Voraussetzung dafür ist die Bereitstellung tierarspezifischer Antiseren gegen Milchproteine mit Indikatorfunktion.

2. Zur Prüfung des Extraktionsverhaltens von Milchproteinen aus Hart- und Schnittkäse sind bei allen variierten Versuchsabläufen sowohl Kaseine als auch die Molkenproteine µ-Lactalbumin, ß-Lactoglobulin, Albumin und Immunglobulin immunologisch dargestellt worden.

Die Menge der extrahierten Proteine war abhängig vom Extraktionsmodus. Die Extraktionsausbeute für Molkenproteine ist bei einfacher Extraktion mit a.dest völlig ausreichend.

3. Aus den Modellkäsen ließen sich auch nach langer Reifezeit die Molkenproteine µ-Lactalbumin, ß-Lactoglobulin, Albumin und Immunglobulin nach einfacher a.dest Extraktion immunologisch und tierartspezifisch erfassen. Reifung und Lagerung des Käses hatten trotz gravierender Konsistenzänderung (von halbfest bis sehr hart) keinen signifikanten Einfluß auf das Lösungsverhalten und die immunologische Aktivität der Molkenproteine. Diese Ergebnisse deuten an, daß Tierartdifferenzierungen über Molkenproteine keine analytische Beschränkung durch reifungsbedingten proteolytischen Abbau erleiden.

4. Bei den Erhitzungsversuchen zeigte sich bei den Molkenproteinen eine Thermostabilität in absteigender Reihenfolge von Kaseinen, µ-Lactalbuminen, ß-Lactoglobulinen, Serumalbuminen und Immunglobulinen. Aus pasteurisierter Milch waren Kaseine, µ-Lactalbumine und ß-Lactoglobuline immunlogisch unverändert darzustellen.

Albumin und Immunglobulin zeigten je nach Pasteurisierungsart begrenzte immunologische Aktivitäten.

Kaseine erwiesen sich als äußerst thermostabil, sind jedoch nicht ausreichend "reifungssicher" und zudem schwer löslich. Dem Kriterium der Wasserlöslichkeit wird im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit des Nachweisverfahrens (Ausschluß umweltbelastender Laborchemikalien) hohe Priorität eingeräumt.

Somit eignen sich als Indikatorproteine für Kuhmilchnachweise in Schafkäse unterschiedlichen Alters µ-Lactalbumin, begrenzt auch ß-Lactoglobulin. Falls der Käse aus nicht pasteurisierter Käsereimilch hergestellt wurde, sind auch Albumin und Immunglobulin als Indikatorproteine heranzuziehen.

5. Durch Herstellung und Qualitätsprüfung von Kaninchen-Antiseren mit den eingangs erwähnten Antigenen ließen sich ausreichend hochtiterige Antiseren herstellen, mit denen die immunologische Darstellung von Kasein- und Molkenproteinen aus verschiedenartigen Käsen zweifelsfrei möglich ist.

Die mit Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch, sowie mit bovinen, ovinen und caprinen Kaseinen gewonnenen Antiseren lassen keine ausreichend sicheren Kriterien für die Differenzierung von Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch zu. Hier sind weiterführende Untersuchungen notwendig. Für die Nachweisreaktionen von Kuhmilch in Schafkäse sind bisher nur solche Antiseren geeignet, die mit einzelnen Molkenproteinfraktionen gewonnen wurden. Mit den Antiseren gegen µ-Lactalbumin, ß-Lactoglobulin und Immunglobulin lassen sich die beschriebenen Indikatorproteine tierartspezifisch erfassen.

Konsequenzen für die Praxis

Die immunologischen Verfahren Immundiffusion und Immunelektrophorese im Agargel sind für routinemäßige Untersuchungen zur Tierartdifferenzierung unterschiedlicher Käsesorten geeignet. Dabei kann der Immundiffusion wegen der besonders kostensparenden und umweltfreundlichen Durchführung bei gleichzeitig sicherer Ergebniserstellung der Vorzug gegeben werden.

Voraussetzung für den Einsatz beider immunologischer Verfahren ist das Vorhandensein tierarspezifischer Antiseren gegen einzelne Milchproteine.

Der immunologische Nachweis von Kuhmilch in Schafkäse kann über die Indikatorproteine
µ-Lactalbumin und begrenzt auch über ß-Lactoglobulin und Immunglobulin geführt werden.

Literatur:
Abschlußbericht vom 28.02.1996

Fördernde Institution:MLR

Förderkennzeichen: 34 - 90 . 24  


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